Bereits rund drei Viertel der B2B-Unternehmen in Deutschland erzielen Onlineumsätze. Das haben Forscher von ibi research an der Universität Regensburg in einer Expertenbefragung zum Onlinevertrieb herausgefunden. Dennoch sehen sie aufseiten des Handels Nachholbedarf.
„Die aktuellen Studienergebnisse zeigen, dass der B2B-E-Commerce enormes Potenzial hat, aktuell aber häufig noch in den Kinderschuhen steckt“, bilanziert Dr. Georg Wittmann von ibi research, der das Forschungsprojekt leitete. Die befragten Experten rechnen fest damit, dass in den kommenden Jahren der B2B-Ein- und -Verkauf verstärkt über Online- Shops und Marktplätze abgewickelt wird – klassische Vertriebswege werden nicht verschwinden, aber an Relevanz verlieren. So gehen etwa 74 Prozent der befragten Unternehmen davon aus, dass 2025 die Hälfte der Unternehmenseinkäufe online getätigt werden.
Noch Luft nach oben beim Onlinevertrieb
Aktuell herrscht jedoch noch Nachholbedarf: Rund drei Viertel der befragten Unternehmen erzielen bereits Onlineumsätze, allerdings häufig nicht in nennenswertem Umfang: 26 Prozent erzielen weniger als fünf Prozent ihres Umsatzes online. Andererseits erzielen immerhin 17 Prozent der Unternehmen mehr als die Hälfte des Umsatzes über Onlinekanäle. Der Verkauf über den eigenen Onlineshop (58 Prozent) ist dabei inzwischen genauso bedeutend wie die Abwicklung schriftlicher Bestellungen (59 Prozent) und der Direktverkauf über den Außendienst (54 Prozent).
Für den Einkauf gilt Ähnliches: Auch hier stehen Onlinekanäle inzwischen gleichberechtigt neben anderen Beschaffungskanälen. 53 Prozent der Experten halten es sogar für möglich, dass Produkte zukünftig (halb-)automatisiert direkt über das Internet der Dinge nachbestellt werden.
Wichtige Informationen beim E-Commerce
Um im B2B-E-Commerce erfolgreich zu sein, müssen die Shops relevante Informationen und Funktionen bieten. Die für die Einkäufer relevantesten Informationen sind produktbezogen: Preis (82 Prozent), Verfügbarkeit (80 Prozent) und Lieferzeit (70 Prozent). Dasselbe gilt für die wichtigsten Shop-Funktionalitäten. Hier stehen eine ausgefeilte Suchfunktion (74 Prozent) und die Anzeige kundenindividueller Preise (68 Prozent) im Vordergrund.
Relevante Zahlungsverfahren im B2B-Bereich
Die beliebteste und gleichzeitig am häufigsten angebotene Zahlungsweise stellt immer noch die Zahlung per Rechnung dar. Auch Zahlungsverfahren, die man bisher eher aus dem B2C-Bereich kennt, spielen eine zunehmend wichtigere Rolle im B2B-Bereich. Nahezu alle Unternehmen (94 Prozent) bieten ihren Kunden die Rechnung als Bezahlmethode an. Für Neukunden gilt dies aber nicht in jedem Fall, hier sind es 55 Prozent. Neukunden wird dagegen häufig die Zahlung per Vorkasse angeboten (80 Prozent). Interessant: Auch PayPal wird in sechs von zehn Fällen als Bezahlmethode angeboten.
Marktplätze halten auch im B2B-Bereich Einzug
Gut ein Viertel der Unternehmen verkauft mittlerweile auf B2B-Marktplätzen. 31 Prozent der befragten Unternehmen verkaufen auf Amazon Business; dies sind doppelt so viele wie beim zweitmeistgenutzten Anbieter, mercateo. Als größter Vorteil von Amazon Business wird die hohe Reichweite (59 Prozent) gesehen. Unternehmen, die Amazon Business nicht für den Verkauf nutzen, nennen die starke Abhängigkeit (67 Prozent) und zu hohe Gebühren (50 Prozent) als Gründe. Häufigste Schwierigkeit bei der Nutzung von Marktplätzen sind immer noch die Produktdaten, die oftmals nicht in einer geeigneten Qualität für die Nutzung im E-Commerce vorliegen.
Hilfe externer Agenturen beim Online-Vertrieb
Die wichtigsten Gründe für die Entscheidung, Produkte/Leistungen online zu verkaufen, sind laut den Befragten die Umsatzsteigerung bzw. die Generierung von Zusatzumsatz (52 Prozent), gefolgt von der Erschließung neuer Kundengruppen (40 Prozent) sowie der Digitalisierung von Prozessen (38 Prozent).
Zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen haben eine externe Agentur für die Abwicklung des E-Commerce-Projekts beauftragt. Dabei sind die wichtigsten Auswahlkriterien für die Wahl einer geeigneten Agentur die technischen Fertigkeiten und das Know-how der Agentur (84 Prozent), der Preis folgt als zweitwichtigstes Kriterium (77 Prozent), der Erfahrungsnachweis der Agentur sowie die Spezialisierung auf B2B-Projekte liegen knapp dahinter (74 Prozent).
Angst vor der Komplexität eines B2B-Shop-Projekts
Das Fazit: Im Vergleich zu einer Vorgängerstudie von ibi research aus dem Jahr 2017 zeigen die Ergebnisse und auch die Gespräche mit den Experten, dass der B2B-E-Commerce einen Schritt weitergekommen ist. Immer mehr B2B-Projekte starten, und auch die großen Akteure der E-Commerce-Dienstleister erkennen mittlerweile das Potenzial und bieten entsprechende Softwarelösungen und Services an. Das lässt für die Zukunft hoffen. Zudem ist durch den Markteintritt von Amazon Business auf Seiten der Markplätze weiteres Momentum entstanden. Hier wird es sicher spannend sein zu sehen, wie sich der Markt in den nächsten Jahren entwickelt. Die grundsätzlichen Probleme und Herausforderungen, wie beispielsweise die mangelnde Qualität der Produktdaten, sind aktuell aber noch immer die gleichen wie im Vorjahr.
Die vollständige Studie „Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce 2018“ steht kostenlos zum Download zur Verfügung unter. Unterstützt wurde das Forschungsprojekt von ARITHNEA, Creditreform und SIX Payment Services.