Wirtschaft im Wandel #1: The Circular Office

Andre Hempel ist Experte für innovatives und nachhaltiges Wirtschaften. Er hilft Unternehmen bei der Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells hin zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung. Im ersten Teil seiner Kolumne erläutert er die Notwendigkeit einer Kreislaufwirtschaft.

Unsere Geschäftsmodelle müssen von linear auf zirkulär gestellt werden. Abbildung: Josh Power, Unsplash
Unsere Geschäftsmodelle müssen von linear auf zirkulär gestellt werden. Abbildung: Josh Power, Unsplash

Wir leben in einer Zeit des durch uns verursachten globalen Klimawandels mit begrenzter Verfügbarkeit an Ressourcen und mit Lieferengpässen in einer auf Wachstum fokussierten Weltwirtschaft. Es dominieren lineare Geschäftsmodelle, mit denen sich weder der Ressourcenverbrauch stoppen lässt noch die eingesetzten Materialien in Kreisläufe überführt werden können. Nur 8,6 Prozent betrug 2021 der Anteil der Zirkularität an der Weltwirtschaft. 70 Prozent mehr Ressourcen wurden im letzten Jahr verbraucht, als die Erde sicher wiederherstellen kann. Die Weltwirtschaft hat 2021 500 Milliarden Tonnen Neuware produziert.

Ressourcen in den Kreislauf

Der Systemumbau ist eine elementare Aufgabe für uns alle – für Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Das Kernthema ist ein anderer Umgang mit unseren Ressourcen. Sie im Kreislauf zu halten ist das Ziel des European Green Deal der EU. Darauf basieren Maßnahmen wie der EU Circular Economy Action Plan, die EU-Ökodesign-Richtlinie und das Recht auf Reparatur. Mit dem gesicherten Zugang zu Ressourcen entscheidet sich auch die Zukunft von Branchen und ihrer Unternehmen. Materialien und Produkte zirkulär zu gestalten impliziert eine Veränderung des Geschäftsmodells. Voraussetzung dafür ist das Verstehen und die Anwendung der R-Strategien wie zum Beispiel Rethink, Reduce, Reuse, Refurbish, Recycle.

Der zirkuläre Weg ins Office

Die Umsetzung dessen über zirkuläre Ansätze ist von Branche zu Branche verschieden. Im Möbelbereich ist das Thema zum Beispiel bisher erst wenig angekommen. Ein Grund ist, dass die Produkte oft nicht schon im Designprozess auf Modularität, Mehrfachnutzung, Reparierbarkeit, Aufbereitung und Rückführung zur Wiederverwertung ausgelegt werden. In Bezug auf die Nachhaltigkeit wird hier fast ausschließlich auf den Materialeinsatz und die Langlebigkeit der Produkte geschaut, verbunden mit entsprechenden Zertifizierungen, Labeln, Siegeln. Einen ersten Schritt auf dem Weg zum Circular Office ist der europäische Verband für Büromöbelverbände und -hersteller FEMB mit der Einführung des Level-Zertifikates innerhalb seines Nachhaltigkeitsstandards gegangen.

Um die Ziele eines nachhaltigeren Umgangs mit Ressourcen im Sinne der Circular Economy zu erreichen, bietet sich die Nutzung von etablierten zirkulären Businessmodellen wie Rental, Product-as-a-Service oder Pay-per-Use an. Mit ihnen steigen die Chancen der Unternehmen für langfristige Kundenbindungen und stabilere Wirtschaftlichkeit. Und es entwickeln sich Wettbewerbsvorteile. Die Rolle der Produkte definiert sich neu, das Potenzial liegt im Aufbau von Serviceangeboten und Innovation wird zum neuen USP – künftig ist „Servitization“ angesagt.

Und das ist wichtig für die Branche, denn die Einstellung zur Nachhaltigkeit – und damit zum Nutzungsverhalten der Kunden – verändert sich mit den neuen Generationen und dem demografischen Wandel.

Andre Hempel,

Gründer und Inhaber,

lab of rent.

labofrent.de