Aktuell sind die Herausforderungen für Mittelständler in der Möbelindustrie in Deutschland sehr hoch. Wir sprachen mit Patrick Wurm, CGO von Aeris, über die Vorteile des Standorts Deutschland, den Umgang mit aktuellen Problemen und vieles mehr.
OFFICE DEALZZ: Herr Wurm, was sind die zentralen Punkte, warum Aeris am Standort Deutschland festhält?
Patrick Wurm: Die drei Bereiche Flexibilität, Qualität und Nachhaltigkeit sind von zentraler Bedeutung. In Deutschland haben wir Produktion, Verwaltung, Entwicklung und Lieferanten in unmittelbarer Nähe. Dies ermöglicht uns eine kurze Lieferkette und eine hohe Flexibilität. Diese Flexibilität wäre in China nicht gegeben, wie wir während der Coronapandemie festgestellt haben. Die Flexibilität kommt unseren Objektkunden zugute: Wir können schnell auf Sonderformate und Wünsche reagieren. Wir stellen auch hohe Anforderungen an die Qualität unserer Produkte in Bezug auf Materialien, Verarbeitung und Langlebigkeit. Jedes unserer Produkte wird in Augsburg nach Manufaktur-Art von Hand gefertigt. Diese Qualität könnten wir bei einer Produktion in China nicht gewährleisten. Zudem achten wir auf regionale Lieferanten für kurze Transportwege und die Reduzierung der CO2-Emissionen. Es stammen 80 Prozent unserer Lieferanten aus Deutschland, wobei 53 Prozent als regionale Lieferanten in Bayern ansässig sind. Die Nähe zur Aeris-Produktionsstätte in Horgau ermöglicht eine effiziente Zusammenarbeit und trägt dazu bei, unsere ökologischen Ziele zu erreichen. Der deutsche Staat belohnt diese Bemühungen, zum Beispiel durch steuerliche Anreize, Förderprogramme etc.
Wie geht Aeris mit den teilweise gestiegenen Energiekosten in Deutschland um?
Wir decken die gesamte Produktion mit erneuerbarer Energie ab. Seit 2007 haben wir an unserem Produktionsstandort Horgau Solarzellen auf dem Dach installiert, um unsere Energie aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. 2013 und 2023 folgten weitere Fotovoltaikanlagen. Seit 2023 erzeugen wir mehr Energie als wir für den Eigenbedarf an Strom und Gas benötigen. Aber natürlich stehen auch wir vor Herausforderungen. Deutschland hat lange von geringen Energiepreisen gelebt. Das ist jetzt leider vorbei und das merkt man in den steigenden Materialkosten. Wir haben umfassendes Re-Engineering betrieben um die Qualität zu steigern und gleichzeitig die Kostensteigerung zu verhindern. Dadurch konnten wir lange Zeit unsere Preise halten. Letztendlich waren wir jedoch gezwungen, die gestiegenen Kosten durch Preiserhöhungen weiterzugeben. Derzeit können wir aber unsere Preise stabil halten.
Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Fachkräftemangel?
Dem Fachkräftemangel stellen wir uns entgegen, indem wir durch umfassende Weiterbildungsprogramme und eine attraktive Unternehmenskultur in der Lage sind, qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen und langfristig zu binden. Wir schätzen unsere gut ausgebildeten Mitarbeitenden, die überwiegend aus Deutschland kommen. Dank Digitalisierung, Flexibilität, Offenheit, Vielfalt und hybriden Arbeitsmodellen sind wir ein attraktiver Arbeitgeber. Zudem bieten unsere Produkte einen echten Mehrwert für unsere Kunden, was uns allen einen großartigen Grund gibt, hier zu arbeiten.
Was sind für Sie weitere positive Aspekte des Standorts Deutschland?
Deutschland verfügt über eine breite Palette von Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen, einschließlich Bankkrediten, Risikokapital, staatlichen Förderprogrammen und Unterstützung durch institutionelle Investoren. Diese Optionen erleichtern es, Kapital für Investitionen und Wachstum zu beschaffen. Darüber hinaus verfügt Deutschland über eine ausgezeichnete Infrastruktur, darunter ein gut ausgebautes Verkehrsnetz, moderne Kommunikationsinfrastrukturen und eine zuverlässige Energieversorgung. Außerdem bietet Deutschland stabile rechtliche und politische Rahmenbedingungen sowie ein hohes Maß an Rechtssicherheit.
Welche Bedeutung haben regionale Netzwerke für Aeris?
Wir sind stark auf unsere lokalen Netzwerke und die Nähe zu unseren Kunden angewiesen sind. Unsere regionale Verankerung ermöglicht uns eine schnelle Reaktion auf Marktveränderungen und eine enge Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten, was für unsere Wettbewerbsfähigkeit entscheidend ist. Durch eine Präsenz in Deutschland können wir besser auf die Bedürfnisse und Vorlieben der deutschen Kunden eingehen. Dies umfasst Aspekte wie die Sprache, schnellere Abwicklung von Reklamationen. Uns ist es wichtig, dass man nicht im Callcenter landet, sondern bei einem Ansprechpartner, der individuelle Lösungen und Infos aus erster Hand bieten kann.
Welche Chancen bietet die aktuelle Situation in Deutschland?
Unser wichtigster Markt ist nach wie vor Deutschland. Dennoch sehen wir im Export großes Potenzial. Die Schwäche Deutschlands spürt man aktuell besonders stark. Daher benötigen wir einen weiteren Ausbau der Exportmärkte, denn unsere Produkte werden weltweit gebraucht. Aktuell exportieren wir in über 40 Länder weltweit, hauptsächlich jedoch ins europäische Ausland.
Vielen Dank.