Im achten Teil seiner Kolumne gibt Oliver Schumacher Tipps, wie Verkäufer professionell und ruhig mit Reklamationen vonseiten der Kunden umgehen können.
Nahezu jeder kennt den Spruch „Reklamationen sind Chancen“. Doch wenn es erst einmal zu einer Reklamation kommt, dann ist dieser Spruch schnell vergessen. Vielmehr wäre der Spruch „Reklamationen sind Angriffe“ passender. Denn viele fühlen sich durch reklamierende Kunden angegriffen, in der Ehre verletzt und sind schlussendlich beleidigt. Natürlich ist es viel wert, wenn ein Kunde reklamiert. Denn wenn ein Kunde reklamiert, dann spricht er noch mit Ihnen. Außerdem signalisiert dies, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert ist. Andernfalls würde er sich gar nicht erst die Mühe machen, etwas zu reklamieren.
Es ändert sich ja eh nichts!
In unserem Kulturkreis scheint es üblich zu sein, dass wir höflich sind und nicht immer die Wahrheit sagen. Wie sonst ist es zu erklären, dass viele Kunden in einem Restaurant auf die Frage der Bedienung beim Abräumen „Hat es ihnen geschmeckt?“ mit „Ja” antworten, auch wenn sie schon längst für sich entschieden haben, dass sie in dieses Haus nie wieder gehen werden? Die Gründe dafür sind vielfältig: Manche Kunden glauben, dass sich durch eine Reklamation nichts ändert. Vielleicht, weil sie vermuten, dass die Bedienung diese Information nicht weitergibt, oder weil sie sogar davon überzeugt sind, dass das Team zu einer besseren Leistung nicht in der Lage ist. Möglicherweise haben sie aber auch die Sorge, dass sie sich für ihre negative Meinung rechtfertigen müssen. Denkbar wäre auch, dass es ihnen peinlich ist, vor den Tischnachbarn nun eine Szene zu machen. Selbstverständlich gibt es auch Restaurantgäste, die sofort reklamieren – aber das ist bei weitem nicht immer der Fall. Und dann gibt es natürlich noch die unberechtigten Reklamationen …
Vorbereitet sein, Professionalität wahren
Für Ihren Geschäftsalltag ist es hilfreich, dass Sie mental auf einen möglichen Reklamationsfall vorbereitet sind. Andernfalls ist die Gefahr groß, dass Sie durch den Stress, welchen eine solche Situation schnell verursacht, die notwendige Ruhe und Professionalität verlieren. Wenn es möglich ist, versuchen Sie mit dem reklamierenden Kunden an einen Ort im Geschäft zu gehen, wo Sie mit ihm alleine sind. So erfährt kein anderer Kunde von dem Malheur. Außerdem bringen Sie Ruhe in das Gespräch, wenn Sie sich mit dem Kunden hinsetzen. So fühlt sich der Kunde nicht so schnell abgefertigt. Außerdem steigt so die Wahrscheinlichkeit, dass beide Seiten zu mehr innerer Ruhe kommen. Denn im Sitzen können sich viele nicht so gut aufregen. Würden sie stehen, sähe es vielleicht anders aus.
Aufmerksam zuhören, geschickt nachfragen
Hören Sie sich an, was der Kunde zu sagen hat. Versuchen Sie ihn zu verstehen. Bringen Sie Ihren Kunden nicht mit gut gemeinten Sprüchen wie „Ist doch nicht so schlimm“ oder „Nun regen sie sich doch nicht so auf“ auf die Palme. Wenn Ihr Kunde etwas als schlimm empfindet, dann ist es schlimm – aus seiner Sicht. Da steigern solche Aussagen eher seine Wut und Enttäuschung. Fragen Sie den Kunden außerdem, wie er sich eine Lösung vorstellt. In der Regel sind Lösungsvorschläge von Kunden deutlich kleiner, als Lösungsvorschläge von den Anbietern. Diesen ist meistens die Situation so peinlich, dass sie gleich sehr große Trostpflaster anbieten. Kunden wollen aber oft einfach nur Verständnis und dass alles wieder gut ist – und nicht noch unbedingt etwas obendrauf. Sagen Sie durchaus, dass es Ihnen leidtut, dass der Kunde eine solche Erfahrung machen musste. Aber bitte entschuldigen Sie sich nicht. Denn eine Entschuldigung ist rechtlich gesehen ein Schuldeingeständnis, welches juristisch ganz andere Auswirkungen hat.
Besprechen Sie unbedingt auf der nächsten Mitarbeiterversammlung das Thema „Umgang mit Reklamationen“. Denn wenn Ihre Kunden spüren, dass Sie professionell und ernsthaft mit Reklamationen umgehen, dann bleiben diese meist auch gern Ihre Kunden.
Oliver Schumacher, Verkaufstrainer, Redner, Autor. |