Voll auf Verkauf #6/13

Im sechsten Teil seiner Kolumne macht Oliver Schumacher deutlich, wie wichtig die richtige Kommunikation des eigenen Preises im Umgang mit Kunden ist.

  • Das gewünschte Ende jedes Verkaufsgesprächs: der Vertragsabschluss. Abbildung: Pexels
    Das gewünschte Ende jedes Verkaufsgesprächs: der Vertragsabschluss. Abbildung: Pexels

So manche Anbieter geraten in Stress, wenn es um den eigenen Preis geht. Wahrscheinlich, weil jeder im Verkauf schon einmal gehört hat, dass eine Zusammenarbeit zu diesen Konditionen nicht möglich ist. Erstaunlicherweise fragt man sich dann häufig, ob man nicht vielleicht sogar einen besseren Preis hätte durchsetzen können, wenn man nur ein wenig mutiger gewesen wäre …

„Zu teuer“ – häufig ein diplomatisches Nein

Zwingende Voraussetzung für das Durchsetzen eigener guter Preise ist, dass man sich zuerst selbst den Preis verkauft hat. Man muss also zu 100 Prozent zu diesem stehen. Viele Anbieter nennen aber nicht von sich aus souverän den Preis, sondern der Kunde muss ihnen diesen erst nahezu aus der Nase ziehen. Oder der Anbieter betont – allein durch falsche Pausensetzung – den Betrag, statt den Nutzen und die weitere gemeinsame Vorgehensweise. Andere knicken bei Rabattwünschen sofort ein und machen Zugeständnisse, oder werden dominant, um den Verkaufspreis zu rechtfertigen. Dabei ist ein Preis niemals zu rechtfertigen, er ist bestenfalls zu erklären.

Die Folgen zu niedriger Preise sind dramatisch: Es gibt viele Unternehmer, die unterm Strich weniger verdienen, als wären sie im Angestelltenverhältnis geblieben. Doch mit welchem Geld wollen sie in sich und ihr Unternehmen investieren, um zukünftig höhere Preise verlangen zu können, trotz zunehmenden Wettbewerbs?

Professioneller Auftritt schafft Vertrauen

Wer hohe Preise durchsetzen will, muss seinen (potenziellen) Kunden das Gefühl der Sicherheit geben, diese auch Wert zu sein. Kunden müssen bei ihrer Recherche schnell und anstrengungsarm erkennen können, dass der mögliche Lieferant sein Geschäft versteht – und ihm auch wirklich helfen kann. Kurz: Er muss Vertrauen und Kompetenz ausstrahlen. Entscheidend können dazu aussagekräftige Referenzen, Fotos/Filme, Projektbeispiele und Medienberichte über Erfolge beitragen.

Aber auch der Anbieter als Person muss von Anfang an liefern. Damit sind nicht nur Selbstverständlichkeiten wie angemessene Kleidung und Manieren gemeint, sondern auch das Stellen guter Fragen. Hat der Kunde das Gefühl, dass seine Probleme verstanden und auch gelöst werden können, dann wird er sich leichter für den Anbieter entscheiden.

Interessanterweise halten sich viele Anbieter mit Lösungsansätzen vor der Auftragserteilung sehr zurück. Sie fürchten Beratungsdiebstahl. Doch warum sollte ein Kunde einen Anbieter beauftragen, wenn er nicht einmal im Ansatz versteht, wie dieser ihm wirklich helfen kann, will und wird?

Den Preis von sich aus nennen

Es finden häufig Gespräche mit Kunden statt, bei denen genau festgehalten wird, was der Kunde braucht und will. Zur genauen Kalkulation fahren viele Verkäufer dann zurück ins Büro, um dem Kunden später ein schriftliches Angebot zu senden. Leider erfährt der Kunde oft erst durch dieses, in welche finanzielle Richtung es geht.

Dabei ist es wesentlich professioneller und wertschätzender, beim ersten Gespräch auch offen über mögliche Investitionsspannen zu sprechen. Sagt der Kunde etwa, er brauche Lösung X, dann kann der Anbieter ihm dazu ein paar Fragen stellen. Beispielsweise was er sich davon verspricht, oder wie er darauf kommt, gerade X zu brauchen und nicht Lösung Y. Sobald dann eine Einigkeit vorliegt, was für den Kunden wirklich sinnvoll ist, kann der Anbieter von sich aus Preise ins Spiel bringen.

Wer von sich aus offensiv den eigenen Preis oder mögliche Investitionsspannen ins Gespräch bringt, macht es seinem Kunden leichter, dies zu akzeptieren. Wenn der Anbieter den Preis von sich aus nennt, denken viele Kunden: „Der Preis scheint ja in Ordnung zu sein, wenn der Verkäufer ihn einfach so nennt und ich ihm diesen nicht aus der Nase ziehen muss.“ Durch eine solches Gespräch wird der Preis außerdem eher zur Nebensache. Im Fokus steht vielmehr die Lösung. Und der Preis wird egal, wenn die Gegenleistung stimmt!

Nicht jeder Kunde ist die Mühe wert

Anbieter müssen sich im Klaren darüber sein, dass nicht jeder Kunde ein potenzieller Kunde für sie ist. Manch einem Kunden kann durch eine gute Beratung verdeutlicht werden, dass er einen Fehler begeht, wenn er nicht mehr Geld für eine passendere Leistung investiert. Manch ein Kunde weiß aber bereits von Anfang an, dass er nicht bei dem Anbieter kaufen will – er möchte vielleicht nur ein schriftliches Angebot, um seinen Lieblingslieferanten zu erpressen.

Wenn es also gewisse Kunden gibt, die sowieso nicht kaufen wollen, dann werden sie dies auch nicht tun, wenn sie einen hohen Rabatt bekommen. Professionellen Verkäufern gelingt es, mit den richtigen Fragen die Ernsthaftigkeit der Anfragen auszuloten. So investieren sie nur in die Kunden viel Zeit, die eine entsprechende Bereitschaft haben, den Preis zu zahlen.

„Zu teuer“ – oft nicht die Wahrheit

Für viele Kunden ist es unverfänglicher, zu ihrem Anbieter „Sie sind zu teuer!“ zu sagen als die Wahrheit. Denn die Wahrheit ist häufig deutlich unangenehmer: Kunden zweifeln an der Qualität, trauen dem Verkäufer nicht oder haben seinen Lösungsweg nicht verstanden, wollen ihm das aber nicht sagen. Aus diesem Grund ist unbedingt zu prüfen, ob es sich um einen echten oder nur um einen vorgeschobenen Preiseinwand handelt. Hält den Kunden tatsächlich noch etwas anderes vom Kauf ab, macht sich der Verkäufer mit jedem Prozentpunkt mehr Rabatt unglaubwürdiger.

Einkäufer haben die Aufgabe, den Preis zu drücken. Dafür werden sie bezahlt. Aber der Grund Nummer eins, warum sowohl Privat- als auch Geschäftsleute gerne handeln, ist der Spaß am Verhandeln. Kunden möchten nach der Verhandlung sagen können: „Die Preisverhandlung war nicht einfach, aber ich habe einen guten Preis erzielt.“ Professionellen Verkäufern gelingt es, die Preisverhandlung so zu inszenieren, dass der Kunde bei Vertragsunterzeichnung gut dasteht.

So passiert es häufig, dass der eine Verkäufer bei dem Kunden sofort seinen bestmöglichen Rabatt von acht Prozent anbietet und der Kunde dennoch nicht kauft. Und der nächste Verkäufer beim gleichen Kunden den Auftrag nach einer halbstündigen Verhandlung über den Preis mit 3,5 Prozent einholt – und der Kunde sich wohlfühlt.

Abbildung: Oliver Schumacher

Oliver Schumacher,

Verkaufstrainer, Redner, Autor.

oliver-schumacher.de