Preise erhöhen – warum nicht? Im fünften Teil seiner Kolumne erklärt Oliver Schumacher, warum eine Preisanpassung wichtig und im Kundeninteresse ist.
Viele Anbieter machen sich zu viele Gedanken über das Geld ihrer Kunden. Statt notwendige Preiskorrekturen regelmäßig durchzuführen, verschieben zahlreiche Unternehmer die bereits überfällige Preisanpassung. Die Folge: Liquiditätsengpässe, weniger Spaß an der Arbeit und unnötiger Stress.
Zahlreiche Verkäufer sitzen in der Zwickmühle: Der Wettbewerb wird immer härter, immer wieder machen sich neue Kollegen selbstständig, viele Kunden haben tatsächlich weniger Geld in der Tasche, doch die eigenen Kosten steigen immer weiter. Wenn nun die Preise erhöht werden, so die häufige Meinung, laufen einem womöglich noch die Kunden weg! Aber wenn nicht endlich eine Preisanpassung vorgenommen wird, dann fressen einen die Kosten auf – und am Monatsende hat man dann womöglich noch weniger Geld verdient. Was also tun?
Die Geschichte vom schrumpfenden Baguette
Vor einigen Jahren pflegte ich eine Tradition: Freitag abends war es für mich üblich, bei einem freundlichen Inder mit einem Baguette und einem Weizenbier das Wochenende einzuläuten. Doch irgendwann hatte ich das Gefühl, dass das Baguette nicht mehr so gut schmeckte wie zuvor. Ein halbes Jahr später wurde dann mein Baguette fürs gleiche Geld auch noch kleiner! Da fragte ich dann sofort den Wirt, warum denn das Baguette kleiner geworden ist. Er erwiderte lachend, dass nicht das Baguette kleiner geworden ist, sondern er sich neue Teller gekauft hat, die nun ein wenig größer seien …
Sparen tun Narren
Merken Sie, was hier schief gelaufen ist? Statt notwendige Kosten weiterzugeben, um die gewohnte Qualität aufrecht zu erhalten bzw. auszubauen, fing er an zu sparen. Natürlich kann man sehr häufig hier und dort ein wenig sparen. Aber irgendwann wird der billige Preis auch zum Bumerang. Es wird auch Ihnen niemand danken, wenn Sie sich zunehmend kaputtsparen. In der Regel ist es doch so, dass man als Kunde gerne einen angemessenen Preis bezahlt, wenn die Gegenleistung stimmt. Und sollten Sie ein Lieblingsrestaurant oder einen Lieblingsfriseur haben, so werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit immer dort hingehen, auch wenn hin und wieder die Preise leicht steigen, oder?
Und genauso ist es auch bei Ihrer Kundschaft: Bei einer regelmäßig, kleinen Preisanpassung, vielleicht einmal im Jahr, werden Sie kaum auf Widerstände stoßen. Natürlich kann es sein, dass Sie billigere Mitbewerber haben – aber wenn Sie nicht irgendetwas richtig und toll machen würden, dann hätten Sie doch gar keine Kunden! Außerdem können Sie davon ausgehen, dass Ihre Kunden durchaus wissen, dass Sie billigere Mitbewerber haben. Aber sie gehen schließlich zu Ihnen. Also scheint der Preis doch nicht alles zu sein.
Lieber kleinere Preissprünge
Man sollte möglichst aufpassen, sich nicht zu viele Jahre in Zurückhaltung zu üben und beispielsweise fünf Jahre lang keine Preiserhöhung durchzuführen. Denn dann ist häufig der betriebswirtschaftliche Druck so hoch, dass die Preise beispielsweise nicht von 33,90 Euro auf 34,90 Euro steigen müssen, sondern von 33,90 Euro auf 39,90 Euro. Kleine Preisanpassungen führen in der Regel zu keiner Diskussion mit der Kundschaft. Aber wenn die Schritte dann doch zu groß sind, kann dies tatsächlich durchaus den einen oder anderen Kunden verärgern. Es sollte daher im Kalender eingetragen werden, wann eine Preiskorrektur zu machen ist. Man muss gar nicht unbedingt zum 1. Januar neue Preise verlangen. Häufig ist dies sogar ein wenig ungeschickt, da bei zahlreichen Endverbrauchern dann sowieso zu Hause verstärkt Rechnungen einflattern und diese daher ein wenig sensibler auf Preiserhöhungen reagieren.
Zeitpunkt geschickt wählen
Schauen Sie nach, in welchen Monaten Ihr Geschäft mehr brummt als sonst – vielleicht zu irgendwelchen Feiertagen. Sobald Sie hier ein Datum ermittelt haben, wissen Sie genau, dass Sie unmittelbar vor dieser Saison die neuen Preise verlangen. Dies hat zwei Vorteile: Zum einen haben Sie dann automatisch noch mehr in der Kasse. Denn wenn Sie von vielen Kunden einen etwas höheren Preis verlangen, bleibt abends mehr für Sie übrig. Zum anderen kommen Sie dann nicht plötzlich in die negative Gedankenspirale, dass Ihr Betrieb seit den neuen Preisen von ihren Kunden gemieden wird. Sollten Sie also in diesem Jahr Ihre Preise noch nicht nach oben korrigiert haben, so können Sie doch einfach zum 1. November eine Preisanpassung machen.
Preis als Qualitätsindikator
Kunden verfügen in ihrem Inneren über eine Art mentale Waage. Auf der einen Seite ist die Investition in Form von Zeit und Geld und auf der anderen Seite die Gegenleistung. Ebenfalls fließt die Atmosphäre mit ein, die Sie sowohl durch Ihre Räumlichkeiten als auch durch den Umgang mit den Kunden und Kollegen entstehen lassen. Wenn Sie gute bzw. sehr gute Arbeit bringen, dann wird zunehmend Ihr Preis aus Sicht der Kundschaft egal sein. Der Preis ist sogar ein Qualitätsindikator, denn Menschen verbinden automatisch mit höheren Preisen eine bessere Qualität. Denn rein von der Logik her: Wieso sollte es denn sonst so teuer sein?
Keine Rechtfertigung oder Entschuldigung
Machen Sie sich bitte auch Gedanken, was Sie im Fall der Fälle antworten, sollte ein Kunde beispielsweise „Oh, seid Ihr teurer geworden!“ sagt. Man sollte sich nicht rechtfertigen oder entschuldigen, sondern beispielsweise wertschätzend erwidern: „Ja, das stimmt. Alles wird teurer – wir daher auch!“. Generell fällt sowieso auf, dass viele beim Kassieren ihren Kunden nicht in die Augen schauen, sondern teilweise verschämt den Preis nuscheln und anscheinend hoffen, dass der Kunde nun endlich verschwindet. Doch Sie können zu Ihrer Preisanpassung stehen. Seien Sie stolz auf Ihren Preis. Schließlich zeigen Ihre Kunden die Wertschätzung für Ihre Leistung durch das Zahlen Ihres Preises.
Oliver Schumacher, Verkaufstrainer, Redner, Autor. |