Verkaufsgespräche: Wenn menschliche Eloquenz an Grenzen stößt

Kauf­emp­feh­lung und -im­puls fin­den häu­fig im Netz statt. Be­tritt der Kunde den Laden, ist er oft vor­ge­prägt durch In­for­ma­tio­nen aus dem In­ter­net. Wer braucht also noch Ver­käu­fer? Die Ver­kaufs- und Ver­triebs­psy­cho­lo­gin Ul­ri­ke Knau­er wagt einen Blick in die Zu­kunft des Ver­triebs.

Der Point of Sale verlagert sich in die virtuelle Welt. Abbildung: Andrea Piacquadio, Pexels
Der Point of Sale ver­la­gert sich in die vir­tu­el­le Welt. Ab­bil­dung: An­drea Pia­c­qua­dio, Pe­xels

In zehn Jah­ren wer­den sich auch On­line-Shops und die so­zia­len Me­di­en wei­ter­ent­wi­ckelt haben. Viel­leicht kau­fen wir dann Golf­ta­schen auf Face­book und Lap­tops auf Xing. Erste An­sät­ze dazu sind be­reits er­kenn­bar. Das Web ist „Emp­feh­ler“ Num­mer eins. Freun­den, Fol­lo­wern und Kon­tak­ten trau­en wir schon heute mehr als den Ver­spre­chun­gen der Wer­bung und der Be­ra­tung von Ver­käu­fern. Der Point of Sale ver­la­gert sich in die vir­tu­el­le Welt.

Sie wer­den noch ge­braucht – man­che zu­min­dest

Ver­käu­fer wer­den in Zu­kunft vor allem noch da ge­braucht, wo die Pro­duk­te hoch­wer­tig sind oder der Be­ra­tungs­be­darf in­ten­siv ist. Auch Rah­men­ver­trä­ge und hoch­prei­si­ges B2B-Ge­schäft wer­den wohl immer von Men­schen und damit von Ver­käu­fer­per­sön­lich­kei­ten ge­prägt sein. Dar­auf wird es sich aber dann be­schrän­ken. Der Ver­trieb­ler als Mas­sen­job wird nicht mehr be­nö­tigt. Un­ter­neh­men brau­chen dann nur noch we­ni­ge Top-Ver­käu­fer, die sich per­sön­lich auf die Top-Ein­käu­fer ein­stel­len kön­nen. Die we­ni­gen Ver­trieb­ler wer­den zu ex­klu­si­ven Un­ter­neh­mens­bot­schaf­tern.

Neue Wege im Ver­trieb gehen

Je nach Pro­dukt und An­ge­bot wer­den sich Un­ter­neh­men neu auf­stel­len müs­sen – in ihrer Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on und ihren me­dia­len Ak­ti­vi­tä­ten. Das In­ter­net wird wich­ti­ger, der mensch­li­che Ver­käu­fer zu­neh­mend un­be­deu­tend. Ver­kauf muss neu ge­dacht, neu er­fun­den wer­den. Eine ganz an­de­re Ver­triebs­stra­te­gie wird in vie­len Un­ter­neh­men die zwangs­läu­fi­ge Folge sein. Kom­bi­nie­ren von Off­line- und On­line-Sa­les in Form von So­ci­al Sel­ling oder KI mit Vir­tu­al Rea­li­ty.

Eine neue Po­si­tio­nie­rung muss her – eine, die dem mo­der­nen Me­di­en­ver­hal­ten Rech­nung trägt und nur noch da auf per­sön­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on setzt, wo es um hohe Sum­men geht. Eine Po­si­tio­nie­rung, die On­line- und Off­line-Ver­kauf auf­ein­an­der abt­stimmt und bei der alles zu­ein­an­der passt: kos­ten­güns­tig, ef­fek­tiv und in­for­ma­tiv.

Alles wird sich wan­deln

Wo vor­her drei Mi­nu­ten für „mensch­li­che Kalt­ak­qui­se“ Zeit war – was viele Ver­käu­fer schon als Stress emp­fun­den haben –, blei­ben dann nur noch fünf Se­kun­den, um über­haupt In­ter­es­se zu we­cken. Die AI­DA-For­mel (At­ten­ti­on – In­te­rest – De­si­re – Ac­tion) wird vir­tu­ell neu be­lebt. Die ge­sam­te Spra­che wird sich wan­deln. Das Netz als ra­scher Im­puls­ge­ber und noch schnel­le­rer Ab­ver­käu­fer, der Ver­käu­fer als elo­quent par­lie­ren­der Be­treu­er für Pre­mi­um­kun­den. Um die­sen Er­war­tun­gen ge­recht zu wer­den, wer­den sich auch Ver­käu­fer­aus­bil­dun­gen än­dern müs­sen. Ver­kau­fen wird zur Spit­zen­funk­ti­on we­ni­ger Aus­er­wähl­ter. Alles an­de­re macht das In­ter­net – und hin­ter die­sem der Web­de­si­gner, der Pro­gram­mie­rer, der App-Ent­wick­ler und der Ver­käu­fer, der So­ci­al Sale be­treibt. Auch diese müs­sen ler­nen, ver­trieb­lich statt äs­the­tisch und tech­nisch zu den­ken.

Neue An­for­de­run­gen er­fül­len

Eine gute Web­sei­te reicht für die neuen An­for­de­run­gen nicht aus. Es wird in Zu­kunft mehr denn je einer ganz­heit­li­chen On­line-Stra­te­gie be­dür­fen, die aus vi­ra­lem On­line-Mar­ke­ting, cross­me­dia­ler So­ci­al-Me­dia-Kom­mu­ni­ka­ti­on, Ziel­grup­pen-Shops und Apps be­steht. Der Ver­kauf muss durch So­ci­al Sel­ling sein Netz­werk auf­bau­en – un­ab­hän­gig vom Mar­ke­ting. Es geht nicht darum, die Un­ter­neh­mens­sei­te zu. Hier­für ist es wich­tig, ma­xi­mal 20 Pro­zent der In­hal­te der Mar­ke­ting­ab­tei­lung zu ver­tei­len. Po­si­tio­nie­rung 2.0 – mensch­lich, tech­nisch, psy­cho­lo­gisch und ver­kaufs-ar­gu­men­ta­tiv wird dann ge­fragt sein.

Auch wenn die Ge­schäf­te jetzt noch gut lau­fen, die Um­sät­ze spru­deln und die Zei­ten ge­fühlt gut sind – Han­deln ist jetzt an­ge­sagt. Jetzt müs­sen die bes­ten Ver­käu­fer auf die neuen Her­aus­for­de­run­gen trai­niert und zu­kunfts­fit ge­macht wer­den. Denn die Zu­kunft hat be­reits be­gon­nen. Un­ter­neh­men soll­ten in neuen Stra­te­gi­en mit Weit­sicht und in eine klare Zu­kunfts­po­si­tio­nie­rung in­ves­tie­ren – mit dem Wis­sen, dass das Netz die Um­sät­ze mehr und mehr be­ein­flus­sen wird.

Ulrike_Knauer_Protraet_WebUl­ri­ke Knau­er,

Ver­kaufs- & Ver­triebs­psy­cho­lo­gie.

ul­ri­ke­knau­er.com