Verkaufsergebnisse verbessern #8/9

Christian Bernhardt ist Hochschuldozent, Autor und zertifizierter Trainer. Seine Kunden kommen aus Konzernen und dem Mittelstand in Deutschland und der Schweiz. Im achten Teil seiner Kolumne erklärt er die Regeln des Statusspiels im Verkauf und wie man diese beherrscht.

Abbildung: Obsahovka/Pexels
Abbildung: Obsahovka/Pexels

Wer einmal eine Zeit lang eine Gruppe von Schimpansen beobachtet hat, versteht plötzlich die Faszination von Primatenforschern, wenn sie die Wurzeln des menschlichen Sozialverhaltens bei unseren tierischen Verwandten studieren. Ob im Betrieb, in einer Fußballmannschaft, auf dem Affenberg oder im Hühnerstall, bevor sich keine Hackordnung gebildet hat, kommt die Gruppe nicht zur Ruhe: Man kommt sich vor wie im Kindergarten.

In jeder Konstellation braucht es Klarheit über den Status

Sobald sich zwei Menschen begegnen, schätzen beide unbewusst den gegenseitigen Status ab und ordnen sich dann über oder unter. In einem Großteil der Fälle funktioniert das reibungslos. In Situationen, in denen jedoch unklar ist, wem der Hoch- und wem der Tiefstatus zukommt, stört diese Unklarheit die Kommunikation und verhindert eine konstruktive Zusammenarbeit. Schon Keith Johnstone, der Erfinder des Impro-Theaters wusste: Wenn jeder der Beteiligten seinen Status in der Gruppe kennt, kann er seine Rolle ohne weitere Anweisungen absolut authentisch spielen.

Unglücklicherweise ist die Rollen-Status-Konstellation in Verkaufssituationen nicht immer klar. Der Kunde mag zwar König sein, gleichzeitig führt jedoch der Verkäufer durch seine Fragen das Gespräch. Wissen ist Macht, aber einige Kunden haben sich im Vorfeld so gut informiert, dass sie das Produkt mitunter besser kennen als der Verkäufer. Die eigene Position in der Verhandlung ist immer so gut wie die beste Alternative. Hat der Anbieter ausreichend Kunden und ein knappes, gefragtes Angebot oder hat der Abnehmer alternative gute Angebote? All das beeinflusst den Status, aus dem heraus sich Kunde und Key Account Manager begegnen. Ein weiterer Einfluss ergibt sich durch den Ort der Begegnung: Hat der Kunde Heimvorteil, also Hausrecht und damit den automatisch impliziten Hochstatus oder trifft man sich an einem neutralen Ort?

Hoch- und Tiefstatus, innerer und äußerer Status

Allein aufgrund unseres archaischen Erbes haben wir ein intuitives Gefühl für den Hoch- und Tiefstatus. Der Hochstatus verhält sich dominant. Er nimmt mehr Raum ein, sowohl physisch als auch im Fachgebiet oder dem Zeitraum. Er hält den Blickkontakt, hat eine aufrechte Körper- und Kopfhaltung, gibt die Richtung vor, bestimmt den Zeitrahmen, spricht in bestimmtem Tonfall, sendet Informationen. Der Tiefstatus verhält sich hierzu komplementär. Er orientiert sich am Hochstatus, zeigt eine zugänglichere Körperhaltung mit geneigter Kopfhaltung, senkt den Blick bei Konfrontation und zeichnet sich durch eine eher unsichere wie fragende Stimmlage aus.

Wichtiger als die verbalen oder nonverbalen Zeichen, die sich als äußere Statussignale zeigen, ist jedoch der sogenannte „Innere Status“. Auch dieser kann hoch oder tief sein. Daraus ergeben sich vier Konstellationen:

  • Innerlich tief und äußerlich tief – ordnet sich konsequent unter und lässt sich führen.
  • Innerlich hoch und äußerlich hoch – versucht, um jeden Preis zu dominieren.
  • Innerlich tief und äußerlich hoch – versucht, seine Unsicherheit zu überspielen, wirkt arrogant.
  • Innerlich hoch und äußerlich tief – charismatisch und souverän.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt einerseits im inneren Status und andererseits in der Flexibilität, den äußeren Status zu wechseln. Fehlt diese Flexibilität, fühlt man sich zwar als „Alpha“ und überlegen. Man wird dadurch jedoch berechenbar und gerät mit Gesprächspartnern der gleichen Konstellation in Konflikt. Wessen Status sowohl innerlich als auch äußerlich tief ist, eckt zwar nicht an, wird sich aber bei Verhandlungen kaum durchsetzen können. Wer innerlich tief steht und versucht, dieses mit einem hohen äußeren Status zu kaschieren, wirkt schnell arrogant und verrät sich in der Regel in der ersten etwas stressigen Situation. Der innere Status bildet das Gerüst, an dem die äußere Status-Fassade aufgehängt wird. Ist dieser hoch, kann er jede äußere Fassade tragen. Wird ein hoher innerer Status mit Flexibilität gepaart, lässt sich zum einen eine starke Beziehung zum Kunden aufbauen, da man sich ganz an dessen Bedürfnissen orientiert. Gleichzeitig werden aber auch die eigenen Ziele realisiert, da man aus der charismatischen Position der inneren Stärke in den entscheidenden Momenten auch klare Grenzen ziehen kann – das ist man sich einfach wert.

Entwickeln Sie Flexibilität im Status

Es hat noch niemand einen Streit mit einem Kunden gewonnen. Das Erfolgsgeheimnis im Verkauf liegt darin, dem Kunden zunächst aus einem innerlichen Hochstatus als Dienstleister im äußeren Tiefstatus zu begegnen. Während Bedarfsanalyse, Nutzenargumentation, Einwandbehandlung wird sich am Kunden orientiert und sich selbst zurückgenommen. Einwände werden nicht als persönlicher Angriff aufgefasst, der Verkäufer ist im äußeren Tiefstatus – das ist einfach seine Rolle. Mit der Frage nach dem Abschluss kommt der kurze,

Der Verlauf des Hoch- und Tiefstatus im Verkaufsgespräch. Abbildung: Christian Bernhardt
Der Verlauf des Hoch- und Tiefstatus im Verkaufsgespräch. Abbildung: Christian Bernhardt

aber wichtige Wechsel in den Hochstatus: Jetzt muss das Zepter in die Hand genommen und der Prozess zum Ende geführt werden. Automatisch entsteht beim Kunden eine kurze Unsicherheit. Er muss sich entscheiden und orientiert sich dabei auch am Verkäufer und dessen Souveränität, seiner Ruhe, seinem Selbstverständnis und seiner Rollensicherheit. Hält das einer kurzen Prüfung stand, lässt sich der Kunde zum Abschluss leiten und erhält im Anschluss auch direkt den Hochstatus zurück.

 

Christian BernhardtChristian Bernhardt,

Autor, zertifizierter Trainer und Hochschuldozent für nonverbale Kommunikation und Kommunikationspsychologie.

bernhardt-trainings.com