Profitabilität ist das Gebot der Stunde: Dr. Benedikt Erdmann und Georg Mersmann von Soennecken im Interview

In herausfordernden Zeiten braucht es Durchhaltevermögen und ein Gespür für zukünftige Entwicklungen. Wir sprachen mit den Soennecken-Vorständen Dr. Benedikt Erdmann und Georg Mersmann über das zurückliegende und das aktuelle Geschäftsjahr, Umbrüche in der Bürobranche und vieles mehr.

Georg Mersmann (li.) und Dr. Benedikt Erdmann von der Soennecken eG blick zuversichtlich in die Zukunft. Abbildung: J. Rolfes, Soennecken
Georg Mersmann (li.) und Dr. Benedikt Erdmann von der Soennecken eG blicken zuversichtlich in die Zukunft. Abbildung: J. Rolfes, Soennecken

OFFICE DEALZZ: Herr Dr. Erdmann, 2024 war gesamtwirtschaftlich kein leichtes Jahr. Wie fällt Ihre Bilanz für die Soennecken eG aus?

Dr. Bendikt Erdmann (BE): Unsere Bilanz für 2024 fällt insgesamt positiv aus. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konnten wir unsere Position stärken. Wir haben Geld verdient, unsere Mitglieder erhalten die zugesagte Ausschüttung und wir sind gut aufgestellt, um unsere strategischen Ziele weiter zu verfolgen. Unsere Mitglieder brauchen eine finanziell starke Genossenschaft. Und das ist die Soennecken eG. Profitabilität ist das Gebot der Stunde. Ohne Gewinne ist kein Unternehmen investitionsfähig, das ist heute wichtiger denn je. Die Digitalisierung schreitet voran und wir haben bereits wichtige Investitionen in neue Geschäftsfelder und Prozesse getätigt, die unsere Genossenschaft für die Zukunft gut aufstellen. Wir müssen für die Zukunft aber noch deutlich mehr tun.

Wie entwickelt sich das Geschäftsjahr 2025 bislang?

BE: Meine Antwort ist zweigeteilt. Einerseits spüren wir nachdrücklich, dass die Umsätze der gewerblichen Kundschaft deutlich zurückgehen. Grob geschätzt gehen wir von einem Nachfragerückgang bei Verbrauchsmaterial von etwa acht bis zehn Prozent aus. Wenn man zudem berücksichtigt, dass die Kosten weiter steigen – das gilt insbesondere für den Logistik- und den Personalbereich –, wird deutlich, dass die Situation durchaus herausfordernd ist. Andererseits haben wir durch Umsatzakquisition, den Aufbau neuer Geschäftsfelder und vorausschauende Kostensenkung dafür gesorgt, dass uns diese Situation nicht unvorbereitet trifft.

Die Marke Soennecken feiert in diesem Jahr 150-jähriges Bestehen. Was verbinden Sie damit?

BE: Unser 150-jähriges Markenjubiläum würdigt sowohl unsere lange Tradition als auch unsere stetige Weiterentwicklung. Friedrich Soennecken hat mit seinen Erfindungen die Arbeitswelt revolutioniert und 1875 den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte gelegt, die bis heute anhält. Seine Innovationen wie Rundschrift und Briefordner haben dazu beigetragen, Arbeit lebenswerter zu gestalten. Dieser Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Firma Soennecken. Das Jubiläum erinnert uns daran, dass unsere Erfolge auf der Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart basieren – auf der Balance zwischen Tradition und Innovation – und auf unserer starken Gemeinschaft als Genossenschaft. Das gilt es zu bewahren und weiter zu fördern. Das Jubiläum ist auch Anlass, um ein Zeichen für gesellschaftliche Verantwortung zu setzen. Ein Beispiel dafür ist unsere Unterstützung der Gemeinschaftsstiftung „PlanBildung“, die sich für Kinder und Jugendliche aus prekären Verhältnissen einsetzt und sie auf ihrem Weg zu Schulabschluss und Beruf begleitet. Es ist uns eine Herzensangelegenheit, eine inklusive und chancengerechte Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Wir haben eine Jubiläumsspende ins Leben gerufen, die den jungen Erwachsenen die Teilnahme an einem Programm zur Demokratieförderung mit Besuch des Deutschen Bundestages ermöglichen soll.

Wie haben sich die Bereiche Bürobedarf und Büroeinrichtung bei Soennecken entwickelt?

BE: Heute zahlt es sich aus, dass wir bereits vor einigen Jahren begonnen haben, neben dem Bürobedarf weitere Umsatzträger aufzubauen. Der Ausbau des Möbelgeschäfts, die Akquisition der Nordanex oder jüngst der Erwerb von Erstling haben alle dasselbe Ziel: Wir wollen gemeinsam mit unseren Mitgliedern auch in einer digitalisierten Arbeitswelt relevant sein. Dazu gehört auch, unser Großhandelssortiment immer weiter auszubauen. Seit Oktober letzten Jahres ist es um rund 1.500 neue Artikel in den Bereichen Baumarkt, Garten, Gesundheit und Outdoor-Arbeiten gewachsen. Im Segment Büroeinrichtung konnten wir unsere Marktposition weiter stärken. Gemeinsam mit den Mitgliedern der „wir sind raum“-Gruppe wurde die Umsatzmarke von 100 Millionen Euro überschritten. Die Entwicklung unserer Mitglieder und die von Soennecken selbst ist deutlich besser als der Markt.

Wie entwickeln sich die weiteren Geschäftsbereiche und Tochterunternehmen der Soennecken eG?

BE: Wir kommen sehr gut voran, sind aber dennoch nicht rundum zufrieden.

Mit dem Erwerb der Erstling GmbH sind wir einen weiteren konsequenten Schritt hin zu neuen Geschäftsfeldern gegangen. Der Schul- und Kitaausstatter bringt wertvolle Expertise im Ausschreibungsgeschäft mit und eröffnet den Zugang zum Schul- und Bildungsmarkt. Gleichwohl hat uns hier das Scheitern der Ampelregierung einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil der Digitalpakt 2.0 nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht wurde. Deshalb fehlen uns gegenüber Vorjahr und Planung Umsätze. Wir sind aber sehr zuversichtlich, dass wir dies im nächsten Jahr wieder aufholen werden.

Unser Einzelhandelsgeschäft Ortloff GmbH entwickelt sich sehr erfreulich. Erst kürzlich berichtete mir eine Mitarbeiterin, dass vermehrt Kunden aus einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern gezielt zu Ortloff kommen, um sich dort beraten zu lassen und einzukaufen. Dies freut uns, obwohl es auch verdeutlicht, wie viele Einzelhandelsgeschäfte zwischenzeitlich verschwunden sind.

Auch bei der Nordanex Systemverbund GmbH & Co. KG können wir umsatzmäßig zulegen. Das Ergebnis wird zwar immer noch sehr positiv sein, aber unterhalb dem des Vorjahres liegen. Wir werden deutlich mehr investieren, denn die Umstellung auf das Cloudgeschäft – und damit verbunden der Wandel vom Handelsgeschäft zum Verkaufen von Verträgen – stellt auch Systemhäuser vor große Herausforderungen. Darauf muss sich auch die Nordanex einstellen.

Wir können mit Stolz sagen: Um heute und in der Zukunft passende Lösungen in einem sich wandelnden Markt anzubieten, hat die Soennecken-Gemeinschaft alles, um Arbeit lebenswert zu machen – Ausstattung, Technologie und Raum. Wir werden weiterhin unseren Einsatz intensivieren, vielversprechende Geschäftsfelder für unsere Mitglieder zu erschließen.

Herr Mersmann, wie weit ist die Digitalisierung innerhalb des gesamten Unternehmens fortgeschritten?

Georg Mersmann (GM): Wir haben bei der grundlegenden Erneuerung unserer IT-Landschaft wesentliche Meilensteine erreicht. Mehr als 170 Händler nutzen heute unser neues B2X-Shopsystem YourCommerce. Zusätzlich profitieren unsere Mitglieder und deren Endkunden künftig von den Standardweiterentwicklungen des Herstellers. Durch das Aufkommen von ChatGPT, Gemini und anderen KI-Modellen verschiebt sich das Suchverhalten der Endkunden weg von Google in Richtung der genannten Produkte. Erste Auswertungen zeigen, dass unsere Shopsysteme aufgrund des umfangreichen Contents, der dort enthalten ist, auch bei dieser Form der Suche hervorragend aufgestellt sind.

Die technische Aktualisierung unseres E-Procurement-Systems YourProcure läuft nach Plan. Der Leistungs- und Funktionsumfang dieses Produkts ist branchenweit unerreicht. Lediglich einige wenige Spezialanbieter können hier Vergleichbares anbieten. Intern haben wir nach drei Jahren Projektlaufzeit unser neues Microsoft-basiertes ERP-System in Betrieb genommen. Damit können wir künftig schneller auf Marktanforderungen reagieren. Zusätzlich nutzen wir durch Release-Updates neue Funktionen. Die bekannteste davon dürfte der Microsoft Copilot sein, der tief in das ERP integriert ist und künftig über sogenannte Agenten die automatisierte Bearbeitung unterstützen wird. So gibt es bereits heute einen Agenten, der eine automatische Lieferanmahnung bei der Industrie übernehmen kann und die Antwort in das System eingibt.

Was ist als Nächstes geplant?

GM: Der nächste Schritt wird sein, datenbasiert unsere Prozesse zu verbessern. So setzen wir bereits zur Steuerung unseres Vertriebs eine KI-basierte Software ein. Der Einsatz von KI im Kundenservice, um Anfragen schneller zu beantworten, oder die Anomaliedetektion in unseren Lagern, um Probleme schneller zu identifizieren, sind hier weitere Ideen, die wir umsetzen wollen. Das ist uns wichtig, um unseren Mitgliedern bestmögliche Leistungen anbieten zu können.

Vielen Dank.

Die Fragen stellten Gerrit Krämer und Robert Nehring.