Büro- und Objekteinrichter können durch ihr Sortiment großen Einfluss auf die nachhaltige Ausstattung von Büroarbeitsflächen nehmen. Ein Interview mit Sebastian Broders von Broders & Knigge über nachhaltige Label, recycelte Materialien und Vorbehalte von Kunden.

OFFICE DEALZZ: Herr Broders, nach welchen Kriterien wählen Sie als Büro- und Objekteinrichter Ihre Partner aus?
Sebastian Broders: Als 1971 gegründetes Hamburger Traditionsunternehmen Broders & Knigge wählen wir unsere Partner nach unterschiedlichen Gesichtspunkten aus. Spricht uns das Sortiment grundsätzlich an und denken wir, dass das Preissegment zu uns passt, hinterfragen wir Punkte wie: Wie viel produziert der Partner selbst? Welche Lieferketten werden für seine Produkte nötig? Wie viel seiner Ware ist verpackt? Welche Nachliefergarantien bekommen wir? Steht der neue Partner durch sein eigenes Direktgeschäft mit uns im Wettbewerb? Wie viele Objekteinrichter arbeiten regional bereits mit diesem Partner zusammen?
Darüber hinaus rückt der Nachhaltigkeitsaspekt für uns immer mehr in den Vordergrund. Wir glauben, dass Investitionen nur dann eine Zukunft haben, wenn diese auch real nachhaltig bewertet werden können. Ohne dass es hierfür Hilfestellungen wie einem Ausgleich über zugekaufte CO2-Papiere bedarf. Daraus ergeben sich weitere Fragen, die uns schon länger umtreiben, jedoch spätestens seit Gründung unserer Marke BK Green Office zum festen Fragenkatalog gehören: Welche Lieferketten hängen an den Produkten des neuen Partners? Gibt es eine CO2-Bewertung der Lieferketten? Finden sich Post-Consumer-Materialien in den Rohstoffen und zu welchem Anteil? Gibt es natürliche Rohstoffe in der Fertigung? Was passiert mit Produktionsabfällen? Sind die Produkte in ihre Materialbestandteile einfach zerlegbar? Gibt es kreislauffähige Waren des neuen Partners?
Welche Label und Zertifizierungen sind für Sie bei nachhaltigen Büromöbeln wichtig?
Für uns sind es nicht in erster Linie die Zertifikate, die der jeweilige Hersteller anbietet. Denn Zertifikate gibt es viele am Markt. Das macht es für uns als Spezialisten schon nicht leicht, uns zurechtzufinden. Für den Endkunden ist es sehr schwierig, sich in diesem Sachgebiet zu orientieren. Wir legen daher großen Wert auf die tatsächliche Nachhaltigkeit der gelieferten Rohstoffe. Kurz: Werden die Müllberge durch die Lieferung der neuen Waren kleiner oder sprechen wir über neu geschaffene Materialien aus neu gewonnenen Rohstoffen? Wir glauben, dass es für alle besser ist, wenn wir Wertstoffketten schaffen, die bereits vorhandenen Müll für die Fertigung reduzieren, anstatt durch die Verwendung neuer Rohstoffe neuen Müll entstehen zu lassen.
Sind die von Ihnen angebotenen Lösungen aus recycelten Materialien am Ende des Produktlebenszyklus automatisch wiederverwertbar?
Mit unserer Marke BK Green Office bieten wir Waren an, die genau das leisten können. Am Beispiel unserer Bodenbeläge lässt sich das erläutern. Der Rohstoff, aus dem unsere kreislauffähigen Bodenbeläge hergestellt werden, stammt aus gebrauchten Bodenbelägen und/oder Produktionsabfällen. Soll dieser Bodenbelag nach seiner Verwendung ausgetauscht werden, wird aus eben diesem Bodenbelag wieder ein neuer Bodenbelag hergestellt. Das Produkt bleibt somit im Wertstoffkreislauf als Rohstoff erhalten.
Spüren Sie Vorbehalte bei Kunden gegenüber „Möbeln aus Abfällen“?
Ja, diese Vorbehalte sind bei fast allen Interessierten vorhanden. In erster Linie werden nachhaltige Produkte als deutlich zu teuer für das eigene Projekt eingestuft. Das ist weit verbreitet. Tatsächlich bewegen wir uns mit Objekteinrichtungen aus Müll allerdings im mittleren Preissegment. Weiterhin wird oft geäußert, dass es sich immer nur Einzellösungen handle. Das ist gerade nicht der Fall. Im europäischen Ausland, insbesondere Niederlande und Dänemark, haben sich Hersteller auf die Rohstoffe Müll und Pflanze so effizient eingerichtet, dass wir hier stets über stückzahlunabhängige Fertigungen sprechen. Außerdem geht es oft um die tatsächliche Nachhaltigkeit der angebotenen Produkte. Mir scheint, dass der Begriff Nachhaltigkeit mittlerweile etwas „verbraucht“ ist. Die Skepsis ist groß. Dies ist im Übrigen ein Grund, weshalb wir uns so stark der Nachhaltigkeit verschrieben haben: Hier braucht es von Beginn an mehr Informationen für den Kunden.

Es muss nicht immer neu sein. Wie stehen Sie zum Thema Refurbishment?
Mit Refurbishment können vorhandene Einrichtungslösungen erhalten und aufgebessert werden. Aus Standardtischen können Sitz-Steh-Tische werden. Dekore werden angepasst, neues Möbeldesign geschaffen. Polstermöbel erstrahlen in neuem Glanz, Gestelle erhalten einen neuen Look. Hierbei erhält der Kunde eine neue Einrichtung aus seinem eigenen Bestand. Es hat eine große Auswirkung auf die CO2-Erzeugung, wenn die Grundmaterialien gar nicht erst produziert werden müssen. Aus meiner Sicht ist das eine wichtige Neuausrichtungen für die Zukunft. In Dänemark gibt es ein Warenhaus, an das interessierte Einrichter angebunden sind und heute schon auf über 10.000 Artikel zur Weiter- und/oder Wiederverwendung zugreifen können.
Was haben uns solche Länder in puncto Nachhaltigkeit voraus?
Aus meiner Sicht ist es die aktive Bereitschaft, für unseren Planeten wirklich etwas zu unternehmen, statt darüber zu reden. Nehmen wir an, das Hamburger Rathaus würde neu eingerichtet und die Ausschreibung hierfür sieht 25 Prozent der Gewichtung auf die Vergabe der Nachhaltigkeit vor. Ich glaube, dass es so in Windeseile gelänge, auch in Deutschland die fertigenden Betriebe dafür zu begeistern. Machen ist schließlich wie Wollen nur krasser! Das ist es, was die Skandinavier, Niederländer und ein mir bekanntes polnisches Unternehmen leisten. Sie machen es.
Wie viele Kunden entscheiden sich beim gleichen Preis für eine recycelte Lösung anstatt für eine neue?
In unserer Branche ist der Preis stets entscheidend. Besonderes Design, gute Qualität und hoher Nutzwert sind nicht ausreichend, um einen höheren Preis zu rechtfertigen. Auch nicht im Bereich der recycelten Produkte. Vielmehr hat hier der Kunde oftmals die Erwartungshaltung, dass diese Produkte aufgrund ihres Ursprungs günstiger sein müssten als vergleichbare. Dies ist leider nicht der Fall, denn auch diese Produkte müssen gefertigt werden. Ich sehe es jedoch als großen Erfolg, dass wir zumindest preisgleich anbieten können. Wenn dies besprochen ist, entscheiden sich die Kunden dann doch eher für die nachhaltige Variante. Vor allen Dingen, weil diese ja wesentlich mehr leisten können, als nur ein neues Produkt zu sein. Hier muss das mittlerweile große Angebot an natürlichen Produkten erwähnt werden: Waren aus Wolle oder Hanf beispielsweise, deren Bestandteile teilweise sogar CO2-negativ sind.
Welche Vorteile entstehen für Unternehmen aus der Anschaffung nachhaltiger Einrichtungslösungen?
Abgesehen von der Umweltschonung liegt ein positiver Nutzen auch darin, dass diese Waren direkt dazu beitragen, den eigenen Nachhaltigkeitsbericht zu verbessern. Ob Möbel, Akustik, Bodenbeläge oder Licht, Lounge, Kantine, Warten, Empfang, Konferenz … Alle Waren ziehen einmal in den Nachhaltigkeitsbericht ein und bleiben so lange vorhanden, bis diese nicht weiter verwendet werden. Um im Beispiel der Bodenbeläge zu bleiben: 1.000 m2 nachhaltiger Bodenbelag sind schon ein Pfund für den Nachhaltigkeitsbericht! Und wenn man sich sowieso neue Möbel kauft, dann doch lieber die, die einen weitreichenderen Nutzen für das Unternehmen bieten, als nur ein neues Möbel zu sein!
Sehen Sie darüber hinaus noch weitere positive Aspekte durch den Kauf nachhaltiger Einrichtungslösungen?
Es gibt am Ende mehr als nur neue Möbel. Es gilt, alle Akteure in diesem Prozess bestmöglich einzubinden. Beispielsweise das Controlling des Endkunden. Was passiert mit den Produkten am Ende ihrer Nutzungsdauer? Wir holen sie wieder ab, damit für sie ein neues Leben beginnen kann. Um das Beispiel der Bodenbeläge aufzugreifen: Wir bringen sie zurück zum Hersteller. Damit punkten wir auch beim Controlling, denn es entstehen am Nutzungsende keine Kosten für die Entsorgung. Das Marketing findet unsere Ideen ebenfalls spannend. Denn sie können für die Außendarstellung des Unternehmens genutzt werden. Viele positive Reaktion erhalten wir auch von der Belegschaft unserer Kunden. Die Bereitschaft der Unternehmensleitung, sich mit diesen Themen auseinander- und sie dann umzusetzen, kommt bei den Mitarbeitenden gut an. Dies wird als wertschätzend empfunden. Wir erleben nachhaltige Objekteinrichtung als mitarbeiterbindend. Wer weiß, vielleicht ist es eines Tages ja auch mitarbeitergewinnend? Die Zukunft der Objekteinrichtung ist jedenfalls grün, alles andere ist von gestern.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Gerrit Krämer.