Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, gibt Tipps, die ein Gläubiger beachten sollte, falls ein Schuldner sich im Insolvenzverfahren befindet. Werden die Tipps befolgt, kann er mit hoher Wahrscheinlichkeit an das ihm zustehende Geld gelangen.
Der Totalverlust einer Forderung bei Insolvenz muss nicht zwangsläufig sein. Dazu ist jedoch ein zeitnahes und konsequentes Vorgehen notwendig. Auf gar keinen Fall sollte man bei dem Begriff Insolvenz in Starre verfallen. Ist ein einfacher Eigentumsvorbehalt vereinbart und kommt es bei einem Kunden zu einer Insolvenz, dann ist der Verkäufer abgesichert. Voraussetzung ist jedoch, dass – bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung – noch etwas von den gelieferten (unbezahlten) Sachen beim Schuldner vorhanden ist. Sollte der Insolvenzverwalter nicht bereit sein den (ungekürzten) restlichen Kaufpreis zu zahlen, kann der Unternehmer vom Vertrag zurücktreten und ein sogenanntes Aussonderungsrecht geltend machen. Er kann dann als Eigentümer der Sache vom Insolvenzverwalter die Herausgabe verlangen, ohne als Gläubiger am Insolvenzverfahren teilnehmen zu müssen.
Eigentumsvorbehalt: Warenbestand des Kunden erfassen
Wenn möglich, sollte man sofort nach Kenntnis über die Insolvenz, selbst beim Kunden den Bestand erfassen und kennzeichnen. Idealerweise bestätigt der Kunde oder ein anderer Zeuge die Richtigkeit der Bestandsaufnahme. Allerdings, und das ist wichtig zu beachten, darf der Bestand in den Räumen des Kunden nicht gegen dessen Willen aufgenommen werden. Der Insolvenzverwalter hingegen ist verpflichtet, das Inventar aufzunehmen und zu sichern. Leider zeigt die Erfahrung aber auch, dass eben noch vom Gläubiger aufgenommene Bestände mitunter plötzlich verschwinden.
Auch der verlängerte Eigentumsvorbehalt kann helfen
Ein Gläubiger, der sich den verlängerten Eigentumsvorbehalt bei Vertragsabschluss gesichert hat, hat im Insolvenzfall recht gute Karten. Der Insolvenzverwalter ist zwar dazu berechtigt, das Sicherungsgut, also die verarbeitete Ware oder die Forderung aus dem Weiterverkauf, durch Veräußerung oder Einziehung zu verwerten, aber als gut abgesicherter Gläubiger ist man vor den anderen Gläubigern aus dem Erlös zu befriedigen. Der Insolvenzverwalter darf zuvor jedoch noch eine Pauschale von vier Prozent vom Erlös als Feststellungskosten geltend machen sowie circa fünf Prozent für Kosten der Verwertung.
Forderung auf jeden Fall anmelden
Gläubiger sollten ihre Forderungen bei dem Insolvenzverwalter unbedingt innerhalb der veröffentlichten Fristen anmelden. Wird die Forderungsanmeldung nicht rechtzeitig und korrekt vorgenommen, besteht die Gefahr, dass zusätzliche Kosten entstehen. Schlimmstenfalls nimmt die Forderung gar nicht am Verfahren teil, beziehungsweise gelangt am Ende häufig noch nicht einmal die geringe Insolvenzquote zur Auszahlung. Die ordnungsgemäß angemeldeten Forderungen kommen in die Insolvenztabelle und werden automatisch festgestellt, wenn weder der Insolvenzverwalter noch ein anderer Gläubiger widerspricht, und werden dann auch bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigt.
Prüfung der persönlichen Haftung der Geschäftsführer
Wichtig ist, sich immer mit dem Zeitpunkt der Antragstellung der Insolvenz auseinanderzusetzen. Besteht hier ein enger zeitlicher Zusammenhang zur erfolgten Warenlieferung oder der erbrachten Leistung, so kann es unter Umständen direkte Ansprüche gegen die Geschäftsführer geben.
Prüfen, ob es eine Nachfolgefirma gibt
Nur wenige Gläubiger ziehen in Erwägung, dass auch etwaige Nachfolgegesellschaften unter bestimmten Umständen für die Altverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können. Es kommt vor, dass Kunden mit einem neuen Unternehmen einfach unter der alten Anschrift weitermachen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber auch eine neu gegründete Firma für die alten Verbindlichkeiten der schuldnerischen Firma haftbar gemacht werden. Das gilt beispielsweise, wenn die neue Firma etwa alte Kunden- und Lieferantenbeziehungen nutzt, Telefon- und Fax-Nummer identisch sind, sie bisheriges Personal weiter beschäftigt, unter der alten Anschrift weiterhin tätig ist und der Firmenname in seinem Kern fortgeführt wird (geregelt in § 25 Handelsgesetzbuch). Sollte es auch nur den kleinsten Hinweis dafür geben, dass ein Schuldner einfach in neuer Form sein Geschäft fortführt, kann es sich lohnen, genauer hinzusehen und die Sachverhalte sorgfältig zu überprüfen.
Vorsicht bei Weiterbelieferung des Verwalters
Bittet ein Insolvenzverwalter im Falle einer Fortführung des Unternehmens um Weiterbelieferung, ist Vorsicht geboten. Der Verwalter kann zwar Zahlungszusagen machen, wenn aber etwa die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseverbindlichkeiten zu bezahlen, haftet er gemäß § 61 Insolvenzordnung (InsO) nicht persönlich, wenn er bei Bestellung nicht erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Begleichung nicht ausreichen würde. Um dem Ausfall solcher Forderungen vorzubeugen, sollte vor Aufnahme der Belieferungen eine spezielle Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter geschlossen werden, in der er die Zahlung persönlich garantiert. Noch besser ist es, mit ihm Vorkasse zu vereinbaren. Noch größere Vorsicht ist geboten, wenn man es nur mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter zu tun hat – hier sollte Vorkasse die Regel sein.
Auszug aus der Insolvenztabelle als Titel
Wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, kann der Auszug aus der Insolvenztabelle dem Gläubiger aber auch nach Ende eines Insolvenzverfahrens als Titel nutzen – vergleichbar mit einem Vollstreckungsbescheid –, etwa wenn es sich um ein Verbraucherinsolvenzverfahren handelt und dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt wurde. Besonders wichtig kann auch die Frage sein, ob der Kunde bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung zahlungsunfähig war. Dann ist der Anspruch nämlich auch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung begründet. Sollte besagter Umstand mit der Forderung angemeldet und auch festgestellt werden, hat dies zur Folge, dass eine Restschuldbefreiung diese Forderung nicht betrifft.
Kompetente Hilfe holen
Laut Wikipedia „regelt die InsO in Deutschland das Insolvenzverfahren, ein spezielles Verfahren der Zwangsvollstreckung, welches dazu dient, mehrere Gläubiger eines zahlungsunfähigen (insolventen) Schuldners gleichmäßig zu befriedigen“. Die Insolvenzordnung besteht aus knapp 400 Paragrafen. Sie wird immer wieder präzisiert und überarbeitet. Angesichts dieser Fülle von Paragrafen, Regelungen – und ihren Ausnahmen von der Ausnahme – ist es im Falle einer Kundeninsolvenz ratsam sich an einen erfahrenen Rechtsdienstleister, wie einen Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen, zu wenden. In vielen Fällen hat man nur so eine Chance um an sein Geld zu kommen.