Durch den zunehmenden Onlinehandel steigt die Gefahr des Erwerbs von Plagiaten. Die Expertin für Markenschutz, Nicole Jasmin Hofmann, CEO und Co-Gründerin der Sentryc GmbH, erklärt, was Hersteller gegen Produktfälscher unternehmen können.
Der einzige Vertriebsweg, der derzeit funktioniert – und zwar so gut wie nie zuvor –, ist der Onlinehandel. Zusätzlich zum klassischen Direktvertrieb liegt der Onlinehandel mit 68 Prozent vorne, so der Bundesverband Direktvertrieb Deutschland e. V. (BDD) in einer gemeinsamen Studie mit der Universität Mannheim. Etwa sieben von zehn Unternehmen im Erhebungsjahr 2019/2020 verkauften demnach Waren im Onlineshop, über Onlinemarktplätze oder Social Media.
Ein Paradies für Plagiatoren
Doch je mehr Vertrieb online stattfindet, umso mehr Artikel mit kompletten Detailangaben finden Plagiatoren. Produktpiraten erkannten schon vor Jahren den Nutzen des anonymen Onlineverkaufs und bauten ihn zu ihrem präferierten Vertriebskanal aus. In dieser Umgebung bilden Fälscher die tradierte Elite. Dabei können sich besonders jetzt viele kleine und mittelständische Firmen keinen weiteren Umsatzeinbruch leisten. Corona wirkte zuletzt wie ein Brandbeschleuniger: Millionen von Menschen kauften Produkte digital ein, die sie sonst online nicht einmal suchten. Lieferengpässe der Originalprodukte sorgten obendrein für eine kaum erfüllbare Nachfrage. Ein Paradies für Plagiatoren. Doch wie schützen Hersteller ihre Produkte, während sie in ein neues Terrain vorstoßen?
Die Marke an sich binden
Das Wichtigste zuerst: Eine Marke kann nicht rechtlich geschützt werden, wenn sie nicht entsprechend angemeldet ist. Ohne einen legalen Rechtshintergrund stehen sowohl Juristen als auch exekutive Schutzanbieter vor dem Nichts. Dies gilt auch im Ausland. Dementsprechend sollten sich Unternehmer bewusst sein, wo sie ihre Waren anbieten. Ob Produkte und Marke nur im DACH-Raum oder international angemeldet sind, macht einen Unterschied. Gilt der Schutz nur in Deutschland, überdenken Hersteller den Schritt hin zu Onlinemarktplätzen lieber noch einmal. Denn Amazon und Co. liefern auch über Grenzen hinweg, also an Orte mit eigenem Markenrecht. Vertreiben die Nachahmer die Fälschungen im Ausland, kann der wahre Inhaber in keiner Weise dagegen vorgehen. Und ist die Fälschung erst einmal auf dem Markt, wartet viel Arbeit auf Produzenten, Anwalt und Legal-Teams.
Legal gegen illegal
Ein spezialisierter Markenrechtsanwalt kann und sollte zur Beratung hinzugezogen werden. Seine Arbeit beginnt bei der Anmeldung der Marke oder der Produkte und endet bei Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen und dem Strafrecht. „Es ist schlicht und einfach organisierte Kriminalität mit einer enorm hohen Gewinnquote, gegen die man sich hier wehren muss“, so Markenrechtsanwalt Jens Hölscher. Der erfahrene Jurist verteidigt seit Jahren Unternehmen gegen Produktfälschungen und Brand-Abuse, auch international. „Parallel zum rechtlichen Schutz empfehlen sich auch nicht-juristische Lösungsansätze, die Kunden ansprechend für das Thema Fakes sensibilisieren.“ Neben dem Stoppen der Plagiatoren gilt es, den Kunden über Fälschungen auf der eigenen Website oder in der Presse in Kenntnis zu setzen.
Aufklärerisches Anliegen
Kunden freuen sich über ihre Schnäppchen, aber ein Fake-Produkt kann auch Risiken bergen. Unverträgliche Weichmacher, chemische Farbstoffe, scharfe Kanten: Nahezu jede Gefahr, die Prüfungen wie das GS-Siegel vom europäischen Markt fernhalten sollen, strömt mitsamt falschem Emblem zu unwissenden Kunden. Dieser Umstand gefährdet Leben und letzten Endes auch das Image der Originalmarke. Denn Kunden wissen in den meisten Fällen nicht einmal, dass Fälschungen dieser Marke existieren. Deshalb besteht der richtige Umgang mit Plagiaten auch in deren Kommunikation der Kundschaft gegenüber. Konsumenten kaufen eine Marke, weil sie ihnen eine sichere und bekannte Qualität verspricht. Doch die meisten Unternehmen, besonders in Deutschland, ignorieren das immer größer werdende Problem der Trittbrettfahrer. Viele Firmen wissen nicht einmal, dass auch sie zu den Betroffenen zählen. Doch Tatsache ist: 71 Prozent aller deutschen Unternehmen sind von Produkt- und Markenpiraterie betroffen.
Dem Schutz Taten folgen lassen
Ein durchgehendes Überwachen ist von Nöten, um Produktpiraten den Garaus zu machen. Denn fällt ein Plagiator, erhebt sich der nächste – ein Symptom des schnelllebigen Web. Software, die das Internet nach nicht legalen Angeboten durchforstet, schafft einer ständigen, manuellen Kontrolle Abhilfe. So genannte Brand-Protection-Software mit KI und Machine Learning kennt das Originalprodukt und vertrauensvolle Händler mit der Erlaubnis, es zu vertreiben. Die Lösung erkennt Fälschungen, und bietet die Chance, Fakes mit einem Klick aus dem Internet zu entfernen. Rechtliche Dokumentation für eine strafrechtliche Verfolgung inklusive. Technische Hilfe kann Betroffene vor weiterem Schaden bewahren, ohne die Notwendigkeit eine eigene Spezialabteilung dafür einzurichten.
Nicole Jasmin Hofmann,
CEO und Co-Gründerin, Sentryc GmbH. |