Wir sprachen mit Dr. Aris Kaschefi vom Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft (BDV) e. V. über die Entwicklung der Branche, die Kaffeeversorgung im Office, gesunde Ernährung und vieles mehr.

OFFICE DEALZZ: Herr Dr. Kaschefi, wie hat sich die Vending-Branche in den vergangenen Jahren entwickelt?
Dr. Aris Kaschefi: Die Branche hat sich stark gewandelt – und das im positiven Sinne. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und einer herausfordernden Gesamtlage sehen wir ein deutliches Wachstum. Der Produktumsatz im Vending-Markt ist beispielsweise im letzten Jahr um fast 19 Prozent auf 3,37 Milliarden Euro gestiegen. Besonders erfreulich: Nicht nur etablierte Anbieter entwickeln sich weiter, sondern wir sehen auch viele neue, kreative Marktteilnehmer – etwa in den Bereichen 24/7-Shops oder regionale Direktvermarktung. Die Zahl der Anbieter bleibt also hoch, aber das Profil verändert sich, es wird jünger, digitaler und innovationsfreudiger.
Wie hat die Coronapandemie die Branche beeinflusst?
Die Pandemie war ohne Zweifel ein Einschnitt – viele Standorte, etwa in Büros oder Bildungseinrichtungen, waren plötzlich stillgelegt. Aber wie so oft entstehen aus Krisen auch Chancen: Die Automatisierung der Verpflegung hat durch Corona spürbar an Relevanz gewonnen. Viele Caterer und Gastronomen haben Vending-Lösungen als Ergänzung oder Ersatz für klassische Angebote entdeckt, um flexibler, kontaktlos und mit weniger Personal agieren zu können. Die Pandemie hat die Transformation der Branche eindeutig beschleunigt und die Akzeptanz des Konzepts „Vending“ aus meiner Sicht deutlich gestärkt.
2020 sollte das Branchenevent Euvend & Coffeena parallel zur Orgatec stattfinden. Beide Messen fielen aus. Was bedeutete der Wegfall für die Branche?
Natürlich war das ein herber Verlust, weil Messen wie die Euvend & Coffeena nicht nur Schaufenster für neue Produkte sind, sondern auch wichtige Plattformen für den persönlichen Austausch, für Netzwerken und für politische Kommunikation. Der Wegfall bedeutete, dass viele neue Impulse nicht in der gewohnten Form stattfinden konnten – gerade für kleinere Anbieter war das ein Nachteil. Der Bedarf an zentralen Austauschplattformen ist unbestritten. Vor diesem Hintergrund haben wir die VendCon ins Leben gerufen, unseren zentralen Vending-Kongress. Die VendCon ist für uns das Branchenevent, bei dem wir Vending-Wissen gezielt auf die Bühne bringen: mit Vorträgen, Fachpanels und begleitenden Ausstellungen.
Darüber hinaus sehen wir die Zukunft auch darin, Synergien mit anderen Märkten zu nutzen. Um diesem Ansatz gerecht zu werden, wurde zum Jahr 2024 der Fokusbereich Vending auf der Intergastra ins Leben gerufen. In diesem Jahr wird es eine weitere Premiere geben – unsere Kooperation mit der Vendtra im September 2025, der Messe der Vending- und Kaffeewirtschaft in Deutschland.
Wie hat sich die Kaffeeversorgung im Büro – der Office Coffee Service (OCS) – entwickelt?
Der Bereich OCS ist ein echtes Erfolgssegment. Dort wurde das Angebot erfolgreich an den Bedürfnissen moderner, anspruchsvoller Kunden ausgerichtet: Fast 50 Prozent der neugekauften Tabletop-Geräte verfügen mittlerweile über Frischmilchmodule und setzten zu fast 90 Prozent ‚ganze Bohne‘ ein. In den Standgeräten liegt der Anteil von ‚ganzer Bohne‘ bei fast 50 Prozent, Tendenz steigend. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der vermehrten Arbeit im Homeoffice sehen wir, dass Unternehmen gezielt in hochwertige Kaffeeangebote investieren. Das Büro soll wieder ein attraktiver Ort werden und guter Kaffee gehört für viele schlicht dazu. OCS entwickelt sich deshalb zunehmend zur Visitenkarte moderner Arbeitgeber und bleibt einer der stabilsten Wachstumsbereiche im Vending.

Welche Bedeutung hat die Digitalisierung für Ihre Branche?
Eine enorme! Digitalisierung ist der Hebel, um Prozesse effizienter, transparenter und nachhaltiger zu gestalten. Telemetrie-Systeme, smarte Zahlungslösungen, App-Anbindungen und sogar KI-gestützte Absatzprognosen sind hier interessante Optionen. Auch Vorbestellungen per App, die Integration von Kundenpräferenzen oder das Monitoring von Mindesthaltbarkeitsdaten ist digital möglich. All das zeigt: Die Zukunft des Vendings ist datenbasiert und vernetzt.
Gesunde Ernährung rückt in der Pausenverpflegung in den Fokus. Können Vending-Automaten und Micro Markets zu gesunder wie nachhaltiger Ernährung beitragen?
Unbedingt – und sie tun es schon! Frischeprodukte boomen, der Anteil hat sich seit 2017 verdreifacht. Wraps, Salate, Obstbecher oder vegane Bowls gehören inzwischen zum Standardangebot vieler Automaten. Auch nachhaltige Verpackungslösungen wie Mehrwegbehälter mit Pfandsystem oder kompostierbare Verpackungen halten Einzug. Micro Markets und 24/7-Stores sind ideale Plattformen, um gesunde Ernährung rund um die Uhr zugänglich zu machen – insbesondere an Orten ohne klassische Gastronomie.
Was sind weitere aktuelle Trends der Vending-Branche?
Neben den Megatrends Frische und Digitalisierung sehen wir besonders viel Dynamik in den Bereichen 24/7-Konzepte, Direktvermarktung und Automaten für den ländlichen Raum. Für Landwirte, Einzelhändler und Hersteller lokaler Erzeugnisse bietet der Verkauf über Vending viel Potenzial – und dem Kunden die Möglichkeit, rund um die Uhr Produkte aus der Region zu erstehen. Auch für die generelle Nahversorgung im ländlichen Raum bieten sich Automaten an. Außerdem etabliert sich Vending zunehmend als ernsthafte Alternative zur klassischen Betriebsgastronomie – auch durch die Kooperation mit Caterern. Und ein spannendes Phänomen ist die „junge Wildnis“: Betreiber – oft sogar eher „branchenfremd“, die mit viel Social-Media-Gespür, trendigen Produkten und digitalen Tools neue Zielgruppen erschließen.
Wie sieht die Zukunft der Branche aus?
Dazu vielleicht eine Beobachtung, die uns besonders freut: Vending wird nicht mehr nur als Notlösung oder Zwischenverpflegung gesehen – es wird Teil eines neuen, flexiblen Alltags. Ob in der Stadt, auf dem Land, in Büros oder an der Ladesäule: Automaten sind längst Teil einer modernen Versorgungsinfrastruktur geworden. Und dieser Trend ist erst der Anfang.
Vielen Dank.
Die Fragen stellte Gerrit Krämer.