Ulrike Knauer: Wahres Interesse verkauft

Kunden wollen lieber kaufen, als etwas verkauft zu bekommen. Das weiß die Vertriebs-Expertin Ulrike Knauer nur zu gut. Im Gespräch mit OFFICE DEALZZ beantwortet sie unter anderem, was einen guten Verkäufer ausmacht. 

  • Ulrike Knauer ist Diplom-Betriebswirtin, Rednerin und eine erfolgreiche Trainerin für den Verkauf. Abbildung: Ulrike Knauer
    Ulrike Knauer ist Diplom-Betriebswirtin, Rednerin und eine erfolgreiche Trainerin für den Verkauf. Abbildung: Ulrike Knauer

OFFICE DEALZZ: Frau Knauer, was müssen Verkäufer beachten, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein?

Ulrike Knauer: Im Verkauf pflegen viele Verkäufer immer noch die Vorgehensweise, ihre Kunden zu überreden, sie sogar zu überrollen, ihnen Produkte und Dienstleistungen aufzuschwatzen und sie intensiv zuzulabern. Kurz gesagt, stereotype, wenig individuelle Ansprechmuster haben im Verkauf in den meisten Branchen nach wie vor Hochsaison. Nur das funktioniert zukünftig nicht mehr und die Zukunft im Vertrieb ist nun einmal der Onlinevertrieb und der persönliche Verkäufer, der sich stark weiterentwickeln muss.

Können Sie ein Beispiel nennen, wie eine solche Weiterentwicklung aussehen kann?

Wir kennen doch alle diese Situation, dass das Telefon klingelt und die Person am anderen Ende uns etwas verkaufen will. Meist erfolgen diese Anrufe in einer Art einstudiertem und viel zu schnellem Verkaufs-Sing-Sang, den wir gar nicht richtig verstehen. Was sagen wir dann automatisch zu diesem Anrufer, der uns ja im Grunde nur stört: „Ich habe kein Interesse“. Das ist bei näherer Betrachtung eine seltsame Wortwahl, denn da wir dem, was da angeboten wurde, gar nicht folgen konnten, wissen wir ja nicht, ob wir überhaupt Interesse haben oder nicht. Hier läuft auf der unterbewussten Ebene etwas ganz anderes ab. Wir spiegeln nämlich dem Anrufer – völlig automatisch – genau dessen Verhalten uns gegenüber zurück. Er ist es ja, der durch seine unpersönliche Akquiseattacke jegliches Interesse an uns als Kunden fehlen lässt. Und wer kein Interesse zeigt, der bekommt logischerweise auch keines zurück. Eine Akquise, die erfolgreich sein soll, kann nur auf einer personalisierten Ebene mit Fragen und Herangehensweisen erfolgen, die eben ein echtes Interesse am potentiellen Kunden zeigen und keine stereotyp jedem Angerufenen lustlos vorgetragenen Worthülsen.

Viele Verkäufer haben dieses wahre Interesse scheinbar nicht. Woran liegt das?

Viele Verkäufer – vor allem, wenn sie auch noch am Beginn ihrer Karriere stehen – telefonieren im galoppierenden Gehorsam mit immer denselben Aussagen Akquiselisten ab. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Zu Beginn meiner Laufbahn im Verkauf bekam ich von meinem Chef auch so eine Liste und rief brav alle an. Mit mehr als mageren Ergebnissen. Erst mit der Zeit habe ich erkannt, dass Kunden bei mir kaufen, aufgrund der Art und Weise, wie ich mit ihnen umgehe, mich für sie und ihre Bedürfnisse interessiere. Ich begann, mich auf jeden Anruf viel besser vorzubereiten, habe diese Unternehmen und ihre Entscheider recherchiert und sie persönlich angesprochen. Ja, das dauert länger, aber es bringt greifbare Ergebnisse. Kunden wollen eben lieber selbst entscheiden, als etwas verkauft zu bekommen.

Wie zeigt man denn als Verkäufer dieses wahre Interesse genau?

Wahres und echtes Interesse zu zeigen ist gar nicht so einfach. Es soll ja nicht aufgesetzt oder übertrieben wirken. Und die verschiedenen Persönlichkeitstypen brauchen da ganz unterschiedliche Zugänge. Das echte Interesse im Verkauf beginnt damit, dass sich Verkäufer diese Frage stellen: Wer ist mein Ansprechpartner eigentlich? Handelt es sich um eine extrovertierte Person? Wenn ja, dann dürfen diese Menschen im Verkaufsgespräch nicht mit Prozessen und Details gelangweilt werden. Oder ist das ein Typ, der alle Zahlen, Daten und Fakten braucht, als Sicherheit in seiner Entscheidungsfindung? Passen Sie sich auch in Sprache und Körpersprache – ja, das funktioniert auch am Telefon – an den Persönlichkeitstyp an, der mit Ihnen im Gespräch ist. So bauen sie eine ausgeglichene Beziehungsebene auf Augenhöhe auf. Wenn sie es nicht schaffen, mit Ihrem Einstieg das Vertrauen Ihrer Kunden zu gewinnen, dann können sie gleich aufhören. Denn: Kunden kaufen nur, wenn sie vertrauen!

Im Verkauf geht es ja auch immer darum, im richtigen Moment die richtigen Fragen zu stellen. Inwieweit sind Fragetechniken ein wichtiges Element, um dieses wahre Interesse zu belegen?

Die richtigen Fragen im richtigen Moment sind auch hier der Schlüssel zum Verkaufserfolg. Zeigen sie, dass sie neugierig sind und aus ganzem Herzen mehr erfahren wollen über das Universum des Kunden. Dass sie seine Probleme erkennen, seine Wünsche und Bedürfnisse nachvollziehen können. Ist der vertrauensvolle Einstieg geschafft, müssen sie, wie immer im Verkauf, sehr präzise Fragen stellen. Aber bitte keine Standardfragen, die sowieso jeder im Repertoire hat. Das wirkt abgedroschen und langweilig. Versuchen sie, Ihre Kunden wirklich auf einer tiefen Ebene kennenzulernen. Hier ist der Grad zwischen echtem Interesse und Penetranz allerdings schmal, bleiben sie diplomatisch. Um noch mehr echte Empathie zu zeigen, ist es empfehlenswert, die Antworten Ihres Gesprächspartners zu paraphrasieren. Wiederholen sie in Ihren eigenen Worten das Gesagte, so vermeiden sie Fehlerinterpretationen ihrerseits und holen sich von Ihrem Gegenüber noch einmal ein verbales Nicken ab, dass sie gedanklich bei ihm sind.

Mit welchen positiven Auswirkungen können Verkäufer, die dieses echte Interesse entwickeln, in ihrem Vertriebsalltag rechnen und wie spielt die Digitalisierung hier hinein?

Der Weg zum Abschluss insgesamt wird leichter. Durch die Echtheit ihrer Fragen und ihr wahres Interesse erhalten Verkäufer viele wertvolle Hinweise ihres Gesprächspartners. Das Interesse, das ein Verkäufer seinem Ansprechpartner jetzt entgegenbringt, erzeugt auf dessen Seite das ebenso echte Interesse an der Ware oder Dienstleistung. Da werden die Spiegelneuronen in unserem Hirn wirksam. Dieses dargebrachte Interesse wird der Entscheider nie mehr vergessen und alle zukünftigen Verhandlungen sind bereits von Vertrauen und einem positiven Gefühl geprägt.

Gerade der Verkauf muss sich in seiner emotionalen Intelligenz weiterentwickeln. Damit meine ich Empathie, Sozialkompetenz und wirkliches Interesse. Das ist der Bereich in dem die künstliche Intelligenz den Menschen nicht so schnell aufholen kann. Lassen sie ihr Bauchgefühl und ihre Intuition zu und seien sie neugierig wie ein kleines Kind.

Vielen Dank für das Gespräch.