IFH Köln: Studie zur Wertschöpfung im Onlinehandel

Welche volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung hat der Onlinehandel in Deutschland? Eine Frage, die nicht selten emotional und kontrovers diskutiert wird. Antworten liefert die Studie „Wertschöpfung im Onlinehandel“ des IFH Köln und der Kölner Universität.

Der Onlinehandel ist mittlerweile fest im Alltag verankert. Abbildung: Pixabay
Der Onlinehandel ist mittlerweile fest im Alltag verankert. Abbildung: Pixabay

 

„Onlinehandel in Deutschland ist mittlerweile weit mehr als das Geschäft der reinen Onlinehändler – Multi-Channel-Handel ist die Regel. Die Wertschöpfung des Onlinehandels geht ebenso weit über die Frage nach online versus stationär hinaus. Unsere Studie zeigt, dass der Onlinehandel Wert für Konsumenten und Unternehmen schafft, als Innovationstreiber fungiert und den stationären Handel in vielerlei Hinsicht unterstützt“, so Professor Dr. Werner Reinartz, Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln. In der Studie der Universität zu Köln und dem IFH Köln sind die Facetten der Wertschöpfung des Onlinehandels in Deutschland betrachtet und in acht Kernthesen verdichtet worden.

These #1: Onlinehandel schafft Wertschöpfung

Rund 13 Milliarden Euro direkte volkswirtschaftliche Wertschöpfung – also Nettobeitrag zum Bruttoinlandsprodukt – realisierte allein der B2C-Onlinehandel 2020. Das sind 12,7 Prozent Anteil an der Wertschöpfung des gesamten Einzelhandels. Wertschöpfung ist dabei definiert als der im Produktionsprozess geschaffene Mehrwert einer Branche. Auch indirekt werden Werte geschaffen: Sowohl das Dienstleistungsgewerbe – allen voran die Logistikbranche – als auch die Ebene der Hersteller und des Großhandels profitieren von der Wertschöpfung des Onlinehandels. Die hohe Bedeutung des Onlinehandels in der deutschen Wirtschaft spiegelt sich außerdem im Export, in Unternehmensgründungen und dem Innovationsgrad der Branche wider.

These #2: Onlineshops stützen Filialnetz

Betrachtet man die Umsätze der Top-15-Multi-Channel-Händler, zeigt sich: In den letzten Jahren werden die Umsatzzuwächse ausschließlich aus dem Onlinekanal generiert, während das stationäre Geschäft mit Frequenzverlusten und rückläufigen Umsätzen kämpft. Der Onlinehandel ist damit maßgeblicher Bestandteil des Multi-Channel-Geschäfts. Die Filialen übernehmen zunehmend andere wichtige Funktionen im Kontakt mit den Kunden.

These #3: Plattformen stützen Fachhändler

Hochrechnungen des IFH Köln gehen davon aus, dass in 2020 44 Prozent des Onlinehandels allein auf Marktplätzen getätigt wird. Ein Grund: Die Zahl der Händler, die auf Marktplätzen aktiv sind, wächst deutlich und übersteigt längst die der Händler mit eigenem Onlineshop. Auch kleineren (Fach-)Händlern bieten Plattformen einen niedrigschwelligen Onlinehebel, der Sichtbarkeit erzeugt und Umsätze ermöglicht. Gleichzeitig steigt der Wettbewerb auf Plattformen für kleinere Händler durch den Preiswettbewerb, den Druck durch größere Anbieter und den Direktvertrieb durch Hersteller.

These #4: Globale Absatzmärkte erschließen

Die Exportquoten des Nonfood-Fachhandels liegen teilweise im zweistelligen Bereich und nehmen tendenziell zu. Allen voran bei Händlern aus den Bereichen Lederwaren und Kunst oder bei Antiquariaten. Auch der Handel mit Textilien landet mit 5,2 Prozent noch in den Top 10 der Exportquoten. Das heißt, der Onlinehandel ermöglicht kleineren Händlern grundsätzlich, globale Absatzmärkte insbesondere auch über Plattformen zu erschließen. Dieser Effekt beschränkt sich jedoch vor allem auf Nischenmärkte.

These #5: Onlinehandel ist Innovationsmotor

Der Onlinehandel treibt mit seinem Innovationsverständnis den gesamten Handel. Viele neue Ideen in der Handelsbranche finden ihren Ursprung in der Digitalisierung und dem E-Commerce. Nicht zuletzt deshalb treibt der Onlinehandel auch digitale Innovationen am Point of Sale im stationären Handel. Darüber hinaus bewerten Onlinekäufer Innovationen im Onlinehandel überwiegend positiv.

These #6: Onlinehandel schafft Beschäftigung

Der Onlinehandel schafft Arbeitsplätze. Die Zahl der Beschäftigten im Online- wie Versandhandel hat sich in den letzten zehn Jahren um plus 155 Prozent (Hochrechnung 2020) auf mehr als 233.000 erhöht – das entspricht einer Steigerung um 142.000 Beschäftigte und übersteigt damit den Zuwachs im Einzelhandel. Dabei schafft der Onlinehandel sowohl Beschäftigung für Akademiker als auch für Geringqualifizierte.

These #7: Onlinehandel deckt Kundenbedürfnisse

Der Onlinehandel erfüllt grundlegende Konsumentenbedürfnisse nach Bequemlichkeit und Produktversorgung. Rund 62 Prozent der Befragten geben an, durch den Onlinehandel ihr Arbeits- und Privatleben besser vereinbaren zu können, und 57 Prozent können sich ein Leben ohne Onlinehandel nicht vorstellen. Convenience-Aspekte wie leichter Zugang zu Informationen, Zeitersparnis oder der Zugang zu Produkten aus dem Ausland sind Toptreiber für den Onlinehandel. Er hilft zudem, die Versorgungssicherheit in ländlichen Regionen sicherzustellen.

These #8: Onlinehandel ist nachhaltiger als sein Ruf

In der gesamten Konsumgüterwertschöpfungskette ist der Anteil der Handelsstufe an den CO2-Emissionen insgesamt im Vergleich zu Produktherstellung, Nutzung und Entsorgung überschaubar. Bei der Diskussion um die ökologischen Auswirkungen des Onlinehandels liegt der Fokus meist auf der Auslieferung. Bei der Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette im Handel – das heißt inklusive Beschaffungslogistik, Lagerhaltung und Geschäft – zeigt sich jedoch: Bezüglich der CO2-Emissionen ist der Onlinehandel nachhaltiger als sein Ruf. In den drei betrachteten Kategorien (FMCG, Bücher und Elektronikprodukte) verursacht der Onlinehandel nur circa 25 bis 40 Prozent der CO2-Emissionen des stationären Handels. Aus Konsumentensicht wird allerdings der stationäre Handel mit knappem Vorsprung als die umweltfreundlichere Alternative wahrgenommen.