Im Rahmen der Inside Seller Days hat am 18. September eine internationale Pressekonferenz mit Vertretern der europäischen Möbelindustrie stattgefunden. Sie gaben unter anderem Einschätzungen zur aktuellen Situation der Branche.
Der europäischen Möbelindustrie geht es derzeit sehr gut – auch in Zeiten der Corona-Pandemie, resümierten die beiden Veranstalter Goos Communication und das Wohnmagazin Inside. Grund für das starke Wachstum der Möbelindustrie sei unter anderem das generelle Bedürfnis der Verbraucher nach einem gemütlicheren Zuhause. Im Speziellen geht es dabei unter anderem auch um eine hochwertigere Ausstattung des Home-Office. Da einige Hersteller sowohl für den B2C- als auch für den B2B-Bereich produzieren, sind die Aussagen der Verbandsvorsitzenden im Rahmen der Pressekonferenz auf den Inside Seller Days in Teilen auch für die B2B-Büromöbelindustrie, Planer, Innenarchitekten und Händler relevant.
Unterschiedlicher Umgang mit der Pandemie
Auch wenn die Möbelindustrie jedes Landes auf unterschiedliche Weise von der Pandemie betroffen ist und es einigen Ländern – wie Frankreich oder Großbritannien – noch immer nicht besser geht, gibt es doch Gemeinsamkeiten: Während die Branche in den früheren Phasen der Krise unter einem hohen Absatz- und Umsatzrückgang litt, war in den Monaten danach eine verstärkte Nachfrage nach Möbeln zu beobachten. Nachfolgend finden sich die Kernaussagen einzelner Referenten der europäischen Möbelverbände.
Jan Kurth, CEO des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM)
- Als die Möbeleinzelhandelsgeschäfte geschlossen und zumindest einige Teile der Produktion stillgelegt wurden, ging es in der Branche recht schnell bergab, insbesondere im April gab es einen Rückgang von 60 Prozent der Auftragseingänge.
- Aber: Die Verkäufe stiegen im Mai so schnell an, wie sie im April zurückgegangen waren.
- Der Auftragseingang stieg im Mai um 50 Prozent, in einigen Marktsegmenten sogar um 70 bis 80 Prozent, zumindest bei Wohnmöbeln.
- Der Umsatz von Januar bis Juni war bis Ende Juni um 9 Prozent zurückgegangen, aber die Branche sieht für den Rest des Jahres eine positive Entwicklung voraus.
- Auch einige Exportmärkte entwickeln sich gut, wie beispielsweise die Niederlande oder die Schweiz.
- Im Allgemeinen holt die Wirtschaft in Deutschland wieder auf, wobei die Senkung der Mehrwertsteuer seit Anfang Juli hilft.
- Die Prognose für 2020 insgesamt ist ein Umsatzrückgang von fünf Prozent – ein schlechtes Ergebnis in normalen Zeiten, aber viel besser als in diesem speziellen Jahr erwartet.
Markus Wiesner, Vorsitzender der Europäischen Verbands der Möbelindustrie (EFIC)
- In ganz Europa gibt es vor allem Probleme in den Bereichen Büromöbel und Gastgewerbe – Zukunftssicherheit ist gefragt, wenn es um Investitionen in Büromöbel geht, die es heute noch nicht gibt.
- Auf der anderen Seite: Die aktuellen Diskussionen um eine neue Bürokultur, Home-Office und Remote-Arbeit können auch eine Chance für die Branche sein.
- Während der ersten Jahreshälfte war in den Statistiken der meisten Länder ein deutlicher Rückgang von Im- und Export zu verzeichnen.
- CSIL aus Mailand prognostiziert, dass der Welthandel mit Möbeln im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent zurückgehen wird, was einen Rückgang von 151 auf 128 Milliarden Dollar bedeuten würde.
- Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft gehören zu den obersten Prioritäten der Europäischen Kommission; innerhalb der europäischen Möbelindustrie gibt es eine spezielle Task Force, die sich mit diesen Fragen befasst.
Dr. Georg Emprechtinger, Eigentümer von TEAM 7 und Vorsitzender des Verbands der Österreichischen Möbelindustrie
- In Österreich kam es zwischen Mitte März und Mitte April zu einem Lockdown, der zwar nur für den Einzelhandel und nicht für die Hersteller galt. Tatsächlich aber fehlten vielen Herstellern aufgrund dieser Situation die Vertriebskanäle, sodass viele von ihnen ihre Produktion einstellten, in der Regel für mehrere Wochen.
- Danach erlebte die österreichische Möbelindustrie ein sehr starkes Wachstum, während das Vertragsgeschäft noch immer leidet.
- Das Wachstum wurde insbesondere durch den deutschen Markt angetrieben.
- Der Verbraucher fragt derzeit vor allem nach hochwertigen Möbeln, während die Situation bei billigen Massenprodukten schwieriger ist.
Cecilia Ask Engström, Director Industrial Development beim Schwedischen Verband der Holz- und Möbelindustrie (TMF)
- Es wird viel über das Büro der Zukunft diskutiert, zum Beispiel wird es vielleicht einen erhöhten Bedarf an Möbeln für Konferenzräume und weniger Bedarf an traditionellen Büromöbeln geben.
- Es gibt auch viele Entwicklungen von Corona-sicheren Möbeln, die leicht zu trennen und zu desinfizieren sind.
- Eine weitere wichtige Diskussion in der Branche ist die Zukunft des Kontakts zu Kunden – wie werden wir uns in Zukunft treffen und werden die traditionellen Messen vollständig durch digitale Alternativen ersetzt?
- Nachhaltigkeit war schon immer ein sehr wichtiger Faktor für die schwedische Möbelindustrie, und dies hat sich in der Krise noch verstärkt.
Die ganze Pressekonferenz als Livestream findet sich hier (in englischer Sprache).