Ehrlichkeit verkauft #2/12

Der Verkaufstrainer Oliver Schumacher zeigt Verkäufern unter dem Motto „Ehrlichkeit verkauft“, wie sie neue Kunden gewinnen, Kaltakquise erfolgreich meistern und sich fair behaupten. Im zweiten Teil seiner Kolumne beschreibt er, wie Reklamationen am Telefon perfekt gelöst werden.

Verkaufstrainer Oliver Schumacher setzt auf das Motto "Ehrlichkeit im Verkauf". oliver-schumacher.de. Abbildung: Oliver Schumacher
Verkaufstrainer Oliver Schumacher setzt auf das Motto „Ehrlichkeit im Verkauf“. oliver-schumacher.de. Abbildung: Oliver Schumacher

Wer kennt ihn nicht, den Spruch „Reklamationen sind Chancen“? Doch was nützen die besten Sprüche, wenn man sich als Mitarbeitender durch die Reklamation in die Ecke gedrückt fühlt? Beispielsweise, weil der Kunde brüllt, vielleicht droht oder gar weint? Klappt etwas in einer Geschäftsbeziehung nicht einwandfrei, schlagen schnell die Wellen der Emotionen hoch.

Zeigen Sie sich!

Angenommen, Ihr Kunde reklamiert per Mail und schildert seinen Reklamationsfall, was machen Sie? Viele Anbieter antworten dann mit einer Mail mit vor langer Zeit entwickelten allgemeinen Textbausteinen, die Botschaften wie „Tut uns auch leid!“ und „Wir kümmern uns!“ enthält. Das mag für Sie vielleicht einfach sein. Bei Lappalien kann das auch in Ordnung sein. Aber: Nur weil es für Sie eine Kleinigkeit ist, muss dies noch lange keine Kleinigkeit für Ihren Kunden sein. Außerdem: Gerade neue Kunden oder Großkunden brauchen Aufmerksamkeit. Insbesondere dann, wenn es mal nicht richtig rund läuft. Denn Reklamationen sind für Kunden immer ein beliebter Gradmesser, ob sie noch mit den richtigen Lieferanten zusammenarbeiten. Darum sparen Sie sich eine Mail mit herzlosen Phrasen. Rufen Sie den reklamierenden Kunden an.

Kunden wollen wissen, was Sache ist

Letztlich ist dem Kunden egal, warum dieser Reklamationsfall eingetreten ist. Kunden wollen eine Lösung, damit sie wieder ihrem Tagesgeschäft nachgehen können. Denn Reklamationen sind nichts anderes als Störungen des Tagesgeschäftes. Folgende Fragen kreisen einem reklamierenden Kunden durch den Kopf:

  • Wann wird das Problem behoben sein?
  • Was bedeutet die Reklamation für meinen Arbeitsalltag? Habe ich jetzt durch fehlende Ware Druck – oder habe ich noch ausreichend Zeit?
  • Kann ich dem Anbieter trauen, die Reklamation wirklich zu meiner Zufriedenheit zu lösen?

Um Vertrauen aufzubauen, sollten Sie anrufen. Denn eine Standardmail zu einer Reklamation kann auch eine künstliche Intelligenz verfassen. Das bedeutet dann noch lange nicht, dass sich der Reklamation wirklich ein Mensch annimmt. Rufen Sie hingegen an, um zu sagen, dass Sie sich kümmern, spürt ihr Kunde, dass er mit Ihnen einen professionellen Anbieter gefunden hat.

So verkaufen Sie sich am Telefon

Natürlich ist es nicht immer leicht, die richtigen Worte zu finden – sowohl schriftlich als auch mündlich. Doch wenn es Ihnen gelingt, Ihrem Kunden das Gefühl zu geben, dass sich jemand um ihn kümmert, haben Sie enorm viel erreicht. Haben Sie die Möglichkeit, kurzfristig herauszufinden, wann Ihr Kunde beispielsweise die Ersatzware hat, dann tun Sie das unbedingt. Wissen Sie aber beim Eingang der Reklamation schon sofort, dass es länger dauern wird, voll auskunftsfähig zu sein, dann sollten Sie wenigstens telefonisch einen Zwischenbescheid geben. Zeigen Sie sich am Telefon durchaus greifbar und verletzlich, wenn Ihre Stimmung aktuell so ist. Beispielsweise mit „Guten Tag Herr Kunde, ich habe gerade Ihre Mail gelesen. Ich gebe zu, es ist mir nicht ganz leichtgefallen, Sie anzurufen. Aber ich dachte, ich melde mich kurz, damit Sie wissen, dass wir Ihre Nachricht erhalten haben. Aktuell kann ich Ihnen noch nicht sagen, wann die Ersatzware bei Ihnen ist. Dazu werde ich mich aber in Kürze wieder melden.“

Die meisten Kunden werden Ihren Anruf sehr honorieren. Viele werden sogar am Telefon deutlich versöhnlicher klingen, als zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre schriftliche Reklamation in Worte gefasst haben. Warum? Weil sie letztlich die Sorge hatten, wenn sie nicht klar und verbindlich schreiben, nicht wirklich gehört und/oder bearbeitet zu werden.

Wenn Kunden Sie am Telefon „überfallen“

Nicht jeder Kunde schickt eine Mail. Manche rufen auch gleich ein. Warum? Weil Sie wissen wollen, wie es weitergeht. Zugegeben: Manchmal sind Reklamationen auch ein willkommenes Ventil, um Ärger und Druck aus anderen Lebenssituationen abzulassen. Das Ganze kriegen im schlimmsten Fall nun Sie ab. Lassen Sie sich vom Anrufer nicht in die Ecke treiben. Wenn dieser Sie auf eine Aussage festnageln will, die Sie aber so nicht bestätigen können, dann sagen Sie: „Ich würde Ihnen gerne eine Antwort geben, nur ich kann Ihnen hier nichts Verlässliches sagen. Ich werde Sie spätestens bis heute Nachmittag wieder anrufen.“ Und falls jemand sogar persönlich wird? Dann sollten Sie auch das klar ansprechen: „Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie hier jetzt unterbreche. Entweder kommen Sie jetzt wieder zu einem sachlichen Ton zurück, damit wir eine Lösung finden – oder ich beende das Gespräch.“

Kunden schreien letztlich niemals Sie an, sondern nur das Problem. Das ist zwar nicht immer ganz leicht zu filtern, aber Kunden wollen nun mal gehört werden. Das wird Ihnen durch mündliche Gespräche immer besser gelingen, als durch Mails. Auch wenn ersteres manchmal anstrengender ist. Viele Reklamierende werden Ihnen dies mit einer noch besseren Kundentreue danken.