Die Parteien zu Maßnahmen für den stationären Einzelhandel #4/5

Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl hat der Handelsverband Wohnen und Büro e.V. (HWB) die größten Parteien um deren Meinung zur Corona-Pandemie und zu geplanten Maßnahmen für den stationären Einzelhandel gebeten. Hier sind die Antworten der FDP.

HWB: Der stationäre Non-Food-Einzelhandel leidet unter der Corona-Pandemie. Welche Hoffnungen und Ausblicke wollen Sie unseren Händlern hierzu mitteilen?

FDP: Die Corona-Pandemie einschließlich der anhaltenden Ladenschließungen hat den Einzelhandel besonders hart getroffen. Wir Freie Demokraten wollen Perspektiven und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für einen starken Einzelhandel schaffen. Statt immer neuer Bürokratielasten fordern wir ein Entfesselungspaket für die Wirtschaft, in dem Maßnahmen zur Bürokratieentlastung gebündelt und vorangetrieben werden. Statt immer höherer Steuer- und Sozialabgaben setzen wir auf eine spürbare Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen. So wollen wir nachhaltiges Wirtschaftswachstum auch für den Einzelhandel in schwierigen Zeiten ermöglichen.

Der Einzelhandel ist kein Hotspot des Corona-Virus. Wie kann eine dauerhafte Öffnung der Geschäfte möglich sein, wenn wir noch länger mit dem Virus leben müssen (Stichwort: Öffnungsperspektive)?

Wir Freie Demokraten haben während der Pandemie schon frühzeitig Planbarkeit für den Einzelhandel durch eine klare Öffnungsperspektive gefordert. Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten hat im Februar einen Sieben-Stufen-Plan mit eindeutigen Kriterien für mögliche Öffnungsschritte erarbeitet, um auf unterschiedliche Lagen regional angemessen reagieren zu können. Auch im weiteren Verlauf der Pandemie müssen Geschäftsöffnungen möglich sein, wenn es das Infektionsgeschehen zulässt. Der Einzelhandel hat bereits gezeigt, dass dies mit effektiven Hygienekonzepten in der Praxis funktioniert – durch Begrenzungen der Kundenanzahl, Corona-Tests oder digitale Kontaktnachverfolgung.

Finanzielle Hilfen sind ein Teil der Corona-Strategie der Bundesregierung. Hier gab es einige Probleme bei der Umsetzung/Antragsstellung. Was raten Sie unseren Mitgliedern, um an eine umfassende und schnelle finanzielle Hilfe zu gelangen? Wie können beispielsweise Abschlagszahlungen schneller ausgezahlt werden?

Eine Kurskorrektur bei den Überbrückungshilfen ist dringend geboten. Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass die von der Bundesregierung versprochenen Wirtschaftshilfen zu spät, gar nicht oder in enttäuschender Höhe angekommen sind. Eine Vielzahl von Existenzen wurde dadurch gefährdet. Die Hilfen sind zudem sehr komplex ausgestaltet und haben einen hohen Bürokratieaufwand sowie große Unsicherheit für Unternehmen zur Folge. Seit Beginn der Pandemie fordern wir Freie Demokraten daher, dass kurzfristige Liquiditätshilfen direkt vom Finanzamt ausgezahlt werden können. Statt Steuervorauszahlungen von den Konten der Unternehmen abzubuchen, überweisen die Finanzämter eine negative Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Liquiditätssoforthilfe: die „Negative Gewinnsteuer“. Als Bemessungsgrundlage dient der letzte Steuerbescheid. In einem zweiten Schritt soll eine deutlich erweiterte Verlustverrechnung mit Gewinnen vergangener oder künftiger Jahre eingeführt werden. Damit sorgen wir in wirtschaftlichen Krisenzeiten für schnelle und unbürokratische Hilfen und verhindern unnötige Jobverluste und Insolvenzen.

Wenn der Non-Food-Einzelhandel noch länger geschlossen bleibt, werden auch die Innenstädte einem „Stillegungsprozess“ unterworfen. Wie können wir langfristig attraktive Innenstädte erhalten und gestalten, ohne dass viele Einzelhändler der Insolvenzgefahr ausgesetzt sind?

Lebendige Ortskerne und Innenstädte sind essenziell für das gesellschaftliche Zusammenleben in unseren Städten und Gemeinden. Dazu gehört auch ein starker Einzelhandel, der Herausforderungen gewachsen ist. Wir wollen insbesondere darauf hinwirken, das allgemeine Verkaufsverbot für den Einzelhandel an Sonntagen gemäß den verfassungsmäßigen Vorgaben zu lockern und hierbei für Rechtssicherheit zu sorgen. Darüber hinaus gilt es, die vielerorts überforderte Infrastruktur durch den weiteren Ausbau und Erhalt des Straßennetzes sowie des öffentlichen Personennahverkehrs zu erneuern, um die Versorgung der Kunden und Geschäfte auch künftig zu sichern und gleichzeitig Fahrverbote in den Innenstädten zu vermeiden. Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten hat dazu Anfang des Jahres den Antrag „Vitale Innenstädte durch starken Einzelhandel“ mit weiteren Forderungen eingebracht.

Der Einzelhandel ist von Service-, Beratungsleistungen und dem Einkaufserlebnis vor Ort geprägt. Der Online-Handel kann diese Leistungen nur zum Teil bieten. Was raten Sie einem stationären Händler, wie er sich für das Jahr 2030 unternehmerisch aufstellen soll?

Eine wichtige Rolle für die Zukunft des Einzelhandels können hybride Vertriebswege im Einzelhandel spielen. Um dies zu unterstützen, wollen wir beispielsweise die Vernetzung von Start-ups und traditionellem Einzelhandel sowie technologische Bera­tung von KMU des Einzelhandels durch Verbände, Kammern, Beratungsstellen und (Fach-) Hochschulen fördern. Online-Geschäftsmodelle für Einzelunternehmen wie Handelsgenossenschaften in der Fläche können so realisiert und Prozesse nachhaltig digitalisiert werden. So können auch Ideen und Konzepte für ein erhöhtes Einkaufserlebnis realisiert werden.