Das 1×1 des Verkaufens #8/11: Zusatzverkauf und Potenzialausschöpfung

Der Verkaufstrainer Oliver Schumacher verfügt über langjährige Erfahrung im Vertrieb und Verkauf. In seiner OFFICE-DEALZZ-Kolumne erklärt er die Grundlagen erfolgreichen Verkaufens. Der achte Teil beschreibt, wie das gezielte Ansprechen weiterer Bedarfe für mehr Umsatz sorgt.

Verkäufer können mit guter Vorbereitung zu angrenzenden Prozessen das Umsatzpotenzial bei ihren Kunden voll ausschöpfen. Abbildung: Alla Serebrina, Depositphotos
Verkäufer können mit guter Vorbereitung zu angrenzenden Prozessen das Umsatzpotenzial bei ihren Kunden voll ausschöpfen. Abbildung: Alla Serebrina, Depositphotos

„Möchten Sie noch etwas dazu?“ Diese Frage stellen viele Verkäufer, wenn überhaupt, erst zum Schluss. Und dann oft nur halbherzig. Dabei steckt gerade im Zusatzverkauf – also dem gezielten Ansprechen weiterer Bedarfe – enormes Umsatzpotenzial. Noch dazu kann so oft die Kundenzufriedenheit verbessert werden. Doch warum wird dieses Potenzial in so vielen Unternehmen nicht ausgeschöpft? Und wie lässt sich das systematisch ändern?

Zusatzverkauf ist kein „aufs Auge drücken“!

Ein häufiger Denkfehler: Wer Zusatzverkäufe tätigt, drängt dem Kunden etwas auf, das dieser nicht braucht. Das Gegenteil ist oft der Fall. Professioneller Zusatzverkauf bedeutet nicht, etwas zu verkaufen, was keiner will, sondern vielmehr, dem Kunden das anzubieten, was er (noch) nicht auf dem Schirm hat, aber definitiv sinnvoll ist. Ein guter Verkäufer denkt mit und weiter.

Dazu ein Beispiel: Wer eine hochwertige Maschine verkauft, kann auch passende Schulungen, Servicepakete oder Verbrauchsmaterialien anbieten. Nicht aus Eigennutz, sondern damit der Kunde den vollen Nutzen aus seiner Investition ziehen kann. Denn was nützt die beste Technik, wenn sie nicht effizient bedient oder gewartet wird?

Potenzialausschöpfung beginnt vor dem ersten Gespräch

Viele Verkäufer tappen in die Falle, beim Kunden nur den Bedarf zu adressieren, der explizit geäußert wurde. Doch das reicht nicht. Wer echte Potenziale ausschöpfen will, muss sich auch mit den angrenzenden Prozessen, Zielen und möglichen Problemen des Kunden beschäftigen.

Kernfragen, die sich lohnen:

  • Was macht der Kunde aktuell nicht, was er eigentlich tun sollte?
  • Welche Ziele verfolgt er und wie kann ich ihn darüber hinaus unterstützen?
  • Welche Folgeprobleme oder Risiken drohen, wenn er sich ausschließlich auf das Basisprodukt beschränkt?

Je besser ein Verkäufer die (unbewussten) Engpässe des Kunden kennt, desto gezielter kann er passende Erweiterungen vorschlagen.

Timing schlägt Technik

Ein klassischer Fehler im Zusatzverkauf: Alles auf einmal sagen. Wer dem Kunden direkt nach dem Einstieg fünf Zusatzprodukte „mitverkaufen“ möchte, verliert schnell Glaubwürdigkeit und Gesprächskontrolle. Besser ist es, das Gespräch zu staffeln: Erst das Hauptprodukt platzieren, dann gezielt über Anschlussoptionen sprechen. Und dabei klar machen, warum dieser Zusatz konkret für diesen Kunden relevant ist.

Formulierungen wie:

  • „Viele unserer Kunden kombinieren das mit … – einfach, um X zu vermeiden.“,
  • „Darf ich Ihnen zeigen, wie andere Betriebe aus Ihrer Branche Y lösen?“,
  • „Was wir noch prüfen könnten – rein optional –, wäre Folgendes …“

… wirken nicht nur professionell, sondern signalisieren auch: Ich denke mit. Ich will dir nichts aufdrücken, sondern dir helfen, die für dich beste Entscheidung zu treffen.

Struktur statt Zufall

Zusatzverkauf ist keine Glückssache, sondern Ergebnis guter Vorbereitung und klarer Struktur. Deshalb sollten Unternehmen Antworten auf folgende Fragen systematisieren:

  • Welche Zusatzleistungen passen zu welchem Hauptprodukt?
  • Bei welchem Kundentyp ist welche Ergänzung besonders sinnvoll?
  • In welchem Gesprächsmoment ist die jeweilige Zusatzoption am wirkungsvollsten?

Smarte Unternehmen haben dafür Checklisten, Entscheidungsmatrizen oder Gesprächsleitfäden, die regelmäßig geschult werden. So entwickelt sich der Zusatzverkauf vom „Nice-to-have“ zur Selbstverständlichkeit und zur echten Ertragsquelle.

Kein Zusatzverkauf ohne Vertrauen

Wer Zusatzverkäufe tätigen will, muss zuerst Basisvertrauen aufbauen. Wenn der Kunde das Gefühl hat, dass es dem Verkäufer primär um Umsatzmaximierung geht, ist der Verkauf zusätzlicher Leistungen zum Scheitern verurteilt. Aber: Wenn das Grundvertrauen da ist – also der Kunde spürt „Der will wirklich das Beste für mich“ – ist der Weg frei für konstruktive Potenzialausschöpfung.

Zusatzverkauf ist also kein Zusatzthema, sondern zentraler Bestandteil eines professionellen Verkaufsprozesses.

Schumacher_Oliver_Verkaufstrainer_Portrait 2024_onlineOliver Schumacher,

Verkaufstrainer, Vertriebsexperte, Autor,

oliver-schumacher.de