Das 1×1 des Verkaufens #2/11: 5 typische Verkaufsfehler

Der Verkaufstrainer Oliver Schumacher verfügt über langjährige Erfahrung im Vertrieb und Verkauf. In seiner OFFICE-DEALZZ-Kolumne erklärt er die Grundlagen erfolgreichen Verkaufens. Der zweite Teil beschreibt fünf typische Verkaufsfehler, die Kunden zur Konkurrenz treiben. 

Die Betreuung von Kunden nach dem Vertragsabschluss ist ein wesentlicher Bestandteil des erfolgreichen Vertriebs. Abbildung: Depositedhar, Depositphotos
Die Betreuung von Kunden nach dem Vertragsabschluss ist ein wesentlicher Bestandteil des erfolgreichen Vertriebs. Abbildung: Depositedhar, Depositphotos

Vor lauter Arbeit kommen wir oft nicht mehr ausreichend zum Denken und Reflektieren. Und so vergehen die Monate und Jahre wie im Flug, ohne dass man sich immer mal wieder hinterfragt, ob das, was man gewohnheitsgemäß regelmäßig macht, wirklich zielführend ist.

Jeder Mensch mit Kundenkontakt hat Umsatzverantwortung. Dessen sind sich viele Mitarbeitende nicht bewusst. Denn nicht nur Außendienst- oder Servicemitarbeitende prägen das Bild des Anbieters beim Kunden, sondern beispielsweise auch die Buchhaltung im telefonischen oder schriftlichen Kontakt. Darum sollte bei einer Analyse nicht nur der Vertrieb isoliert betrachtet werden, sondern die gesamte Unternehmung. Nachfolgend fünf typische Fehler, über die sich manche Kunden ärgern:

#1 Mangelnde Begeisterung und Motivation

Es gibt Unternehmen, bei denen spüren Kunden das schlechte Betriebsklima nahezu mit den Händen: Mitarbeitende, die einfach nicht mitdenken und Kunden das Gefühl geben, sie würden stören:

  • So manche Telefonzentrale scheint ihre Hauptaufgabe darin zu sehen, Menschen abzuwimmeln, statt mit ihnen Lösungen zu finden. Bestes Beispiel: Statt „Ihr gewünschter Ansprechpartner ist nicht da. Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?“ erfolgt ein desinteressiertes „Der ist nicht da.“
  • Obwohl es technisch durchaus möglich ist, in Warteschleifen den Wartenden zu sagen, an welchem Warteplatz sie aktuell stehen, passiert es auch noch heute, dass beispielsweise die Warteschleife nach fünf Minuten überraschend und abrupt endet – und damit auch das Telefonat.
  • Ein Mitarbeitender ist bei einem Kunden, weil dieser ein Angebot möchte. Seine Dachrinne tropft. Anstatt das der Mitarbeitende von sich aus fragt „Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich mir die gesamte Dachrinne mal angucke, vielleicht können wir ja so noch weiteren Schäden vorbeugen?“ wird nach dem Motto „Der Kunde will ein Angebot für dieses Leck haben. Dann soll er auch nur eines für dieses bekommen“ gearbeitet.

#2 Spielregeln und Folgen werden schlecht kommuniziert

Kunden sind oft fachliche Laien. Darum ist es wichtig, das Angebot und die Arbeitsweise so zu erklären, dass diese auch wirklich(!) verstanden werden können. Dafür nehmen sich aber viele nicht die Zeit, sodass manche Kunden denken „Den verstehe ich nicht. Dann kaufe ich lieber woanders.“

  • In einem schriftlichen Angebot stehen viele Abkürzungen und Fachbegriffe. Der Kunde kann nicht leicht verstehen, was er für sein Geld bekommt und fühlt sich verunsichert. Wenn er nicht zwingend kaufen muss, wird er vermutlich die Kaufentscheidung verschieben. Oder sich bei einem anderen Anbieter umsehen, mit der Hoffnung, diesen (endlich!) besser zu verstehen.
  • Abrechnungsintervalle werden vor Vertragsschluss nicht klar kommuniziert. So gibt es viele Dienstleister, die mit der Argumentation der Branchenüblichkeit im 15-Minuten-Takt abrechnen. In ihren Unterlagen und auf ihrem Webseitenauftritt steht dies aber meist nicht, bestenfalls in den umfangreichen AGBs. Doch wäre es nicht fair, schon vor Vertragsschluss exakt zu erklären, womit der Kunde zu rechnen hat?
  • So manch ein Kauf zieht auch teilweise ungeahnte Folgekosten für den Kunden mit sich. Es gibt viele Anbieter von Wärmepumpen, die ihren Kunden nicht von sich aus sagen, dass es sinnvoll sein kann, den Versicherungsschutz zu erhöhen. Aber macht das nicht gerade eine gute Beratung aus?

#3 Falscher Verkaufsstil

Die Frage nach dem Auftrag oder nach dem konkreten Verbleib ist für viele Anbieter immer wieder ein Drahtseilakt zwischen Aufdringlichkeit und Gleichgültigkeit. Auf der einen Seite möchten manche Verkäufer ihre Kunden nicht zu sehr zum Abschluss drängen. Das führt im Extremfall dazu, dass ein Kunde, der ein Angebot haben möchte, auch ein Angebot bekommt – aber niemals gefragt wird, ob er auch kaufen möchte. Ein solches Angebot wird meistens auch nicht nachgefasst. Auf der anderen Seite gibt es Anbieter, die viel zu offensiv und dominant das Verkaufsgespräch führen und sehr klar den Abschluss anstreben. Manch ein Kunde bzw. Interessent fragt sich dann, wie er dieser unangenehmen Situation entfliehen kann. Wer als Verkäufer Sätze wie „Ich muss mir das noch mal überlegen“ oder „Das möchte ich mit meiner Partnerin noch besprechen“ sehr häufig hört, sollte seinen Verkaufsstil hinterfragen.

#4 Dialog wird nicht aufrechterhalten

Hat sich der Kunde für einen Anbieter entschieden, kommt es im Rahmen der Zusammenarbeit oft zu Enttäuschungen, da mit Informationen nicht offen umgegangen wurde.

  • Der Liefertermin verschiebt sich. Nur allzu oft werden Kunden erst viel zu spät darüber informiert, wenn überhaupt.
  • Auf E-Mails oder Rückfragen wird nicht schnell reagiert.
  • Preise ändern sich. Der Kunde bekommt nicht die Möglichkeit, rechtzeitig zu alten Preisen zu bestellen oder wird vor vollendeten Tatsachen gestellt, indem die neuen Preise plötzlich auf seiner Rechnung stehen.

#5 Schlechte Erreichbarkeit

Manche Kunden hadern mit sich, wenn sie im Nachhinein merken, vom Anbieter in eine Art „Bittstellermodus“ gebracht worden zu sein:

  • Der Verkäufer ist nicht mehr so leicht zu erreichen wie noch vor Vertragsschluss.
  • Der Kunde hat noch Fragen zur optimalen Nutzung der gekauften Sache, bekommt dabei aber nicht genügend Hilfestellung.
  • Reklamationen werden schlecht bearbeitet – wenn überhaupt.

Zugegeben, manche Kunden übertreiben es manchmal mit ihrer Anspruchshaltung. Hier gilt es, klare Grenzen und Möglichkeiten rechtzeitig aufzuzeigen. Dennoch ist bei vielen Unternehmen in den Bereichen Service, Kommunikation und Engagement noch viel Luft nach oben. Darum schauen Sie ruhig, was Sie wie besser machen können. Dann bekommen Sie nicht nur noch loyalere Kunden, sondern auch einen noch besseren Ruf und bessere Bewertungen im Internet.

Schumacher_Oliver_Verkaufstrainer_Portrait 2024_onlineOliver Schumacher,

Verkaufstrainer, Vertriebsexperte, Autor,

oliver-schumacher.de