Der Verkaufstrainer Oliver Schumacher verfügt über langjährige Erfahrung im Vertrieb und Verkauf. In seiner OFFICE-DEALZZ-Kolumne erklärt er die Grundlagen erfolgreichen Verkaufens. Im zehnten Teil geht es um die Telefonakquise und ihre Wirksamkeit in der aktuellen Geschäftswelt.

„Kaltakquise? Macht doch heute keiner mehr.“ Oder: „Das bringt doch eh nichts – die Leute wollen nicht gestört werden.“ Solche Aussagen hört man immer wieder. Und ja – klassische Telefonakquise nach dem Gießkannenprinzip funktioniert heute tatsächlich nicht mehr gut. Doch das heißt nicht, dass Telefonakquise tot ist. Im Gegenteil: Wer weiß, wie es richtig geht, kann mit dem Telefon mehr bewirken als mit jeder E-Mail-Kampagne. Denn am Ende gilt: Kein digitales Tool ersetzt den persönlichen Draht. Was zeitgemäße Telefonakquise nicht mehr ist:
- Sich durch Listen „durchtelefonieren“,
- 08/15-Skripte vorlesen,
- nach dem zweiten Satz über das eigene Produkt sprechen,
- Gesprächspartner zu Entscheidungen drängen,
- sich wie ein Bittsteller fühlen.
Diese Art der Akquise ist nicht mehr zeitgemäß. Wer sie dennoch betreibt, braucht sich über geringe Erfolgsquoten nicht wundern.
Zeitgemäße Akquise beginnt im Kopf
Viele Mitarbeitende starten mit einer falschen inneren Haltung: „Ich will etwas verkaufen.“ Das ist nachvollziehbar – aber zu kurz gedacht. Besser: „Ich will prüfen, ob wir in Zukunft zusammenpassen könnten.“ Dieser Perspektivwechsel nimmt den Druck und macht das Gespräch automatisch entspannter, glaubwürdiger und vor allem kundenorientierter.
Drei goldene Prinzipien moderner Akquise
1. Anlass schaffen – Relevanz statt Zufall
Niemand hat heute Zeit für „ich wollte mich einfach mal vorstellen“-Gespräche. Erfolgreiche Anrufer haben einen guten Grund, warum sie gerade jetzt anrufen. Beispielhafte Einstiege:
- „Wir haben gesehen, dass Sie aktuell XY einsetzen. Dazu hätte ich einen ergänzenden Gedanken …“
- „Kollegen aus Ihrer Branche haben uns wegen XYZ angesprochen. Da dachte ich, es wäre spannend für Sie.“
- „Ich habe Ihr Interview in … gelesen. Da kam mir ein Impuls, den ich gerne kurz teilen würde.“
Der Einstieg entscheidet, ob der Gesprächspartner zuhört, oder innerlich schon wieder auflegt.
2. Dialog statt Monolog: echtes Gespräch führen
Viele Akquiseversuche scheitern, weil sie keine echten Gespräche sind, sondern einseitige Monologe. Doch moderne Telefonakquise lebt vom Dialog: Sie stellt Fragen, setzt Denkimpulse und prüft gemeinsam, ob überhaupt ein konkreter Anknüpfungspunkt besteht. Wer nur über sich spricht, verkauft nicht, sondern langweilt.
Wertvoll wird ein Gespräch dann, wenn es gelingt, den potenziellen Kunden zum Reflektieren und Teilen seiner Erfahrungen zu bringen. Gerade Meinungsfragen wie „Wie sehen Sie das?“ oder „Welche Erfahrungen haben Sie mit XYZ bisher gemacht?“ eröffnen genau diesen Raum. Denn: Vor dem Verkaufen kommt das Verstehen. Nur wer versteht, kann Einwände entkräften, Relevanz aufzeigen und bedarfsgerecht argumentieren – statt ins Leere zu reden.
3. Ziel: Gesprächsfortsetzung, nicht Sofortabschluss
Viele Verkäufer versuchen, im Erstkontakt direkt einen Termin oder Abschluss zu erzwingen. Das wirkt bedürftig und blockt Gesprächspartner ab. Stattdessen: Interesse wecken, nächste Schritte vorschlagen – ohne Druck. Beispielhafte Formulierungen:
- „Wäre es okay für Sie, wenn ich Ihnen dazu mal eine kompakte Übersicht sende und wir dann bei Interesse nochmal sprechen?“
- „Ich habe den Eindruck, das Thema könnte für Sie spannend sein. Wollen wir es in zwei Wochen kurz vertiefen?“
- „Ich denke, wir passen da gut zusammen. Ich würde Ihnen gern drei Kernideen skizzieren. Per Mail oder am Telefon, wie es Ihnen lieber ist.“
Timing und Wiederholung schlagen Zufall
Erfolg in der Akquise ist selten das Ergebnis des einen perfekten Anrufs. Es ist das Resultat von Systematik:
- Wiedervorlagen setzen,
- nachfassen, ohne zu nerven,
- und Gespräche protokollieren, damit der nächste Anruf nicht bei null beginnt.
Gute Akquise bedeutet auch: Zwischen dem ersten Anruf und dem Auftrag kann Zeit vergehen. Wer hier dranbleibt – sauber, professionell und respektvoll – wird belohnt.
Telefonakquise lebt – Wenn sie modern gedacht wird
Sie lebt vom guten Einstieg, vom echten Dialog und von einer klaren Zielsetzung: Nicht „Verkauf um jeden Preis“, sondern qualifizierter Kontaktaufbau mit Perspektive. Wer das Telefon nicht mehr als „Störung“ versteht, sondern als Einladung zum Dialog, wird sehen: Es geht noch. Es geht gut. Und: Es geht sogar besser als vieles andere.
Oliver Schumacher,
Verkaufstrainer, Vertriebsexperte, Autor, |


