Begeisternd verkaufen #10/12

Die Expertin für Kundenbegeisterung Maja Schneider hilft Unternehmen dabei, ihren Kunden-Service auf das nächste Level zu heben. Im zehnten Teil ihrer Kolumne erklärt sie, warum Kundenbegeisterung immer auch Zeit benötigt.

Begeisternde Verkäufer überzeugen Kunden in den allermeisten Fällen. Abbildung: Patrick Tomasso, Unsplash
Begeisternde Verkäufer überzeugen Kunden in den allermeisten Fällen. Abbildung: Patrick Tomasso, Unsplash

Zeit ist Geld! Wer kennt diesen Spruch nicht? In unserer Leistungsgesellschaft ist Schnelligkeit ein Effizienzmerkmal. Immer mitdenken, vorausplanen, agieren statt reagieren – das ist das Spiel, in dem wir täglich alle von einer Aufgabe zur nächsten ziehen.

Fragt sich nur, wer dabei der Schachspieler und wer die Figur auf dem Spielfeld ist. Wer Bauer oder Turm, wer Läufer oder König ist. Wer also die Macht besitzt, zu entscheiden, welcher Aufgabe ich mich als nächstes widme. Was mit meinem ursprünglichen Tagesplan geschieht. Und warum man nicht auch einmal „Nein“ sagen kann und darf.

As soon as possible

Ja, manchmal muss es schnell gehen, wenn ein Kunde etwas braucht. Aber zum Standard sollte „so bald wie möglich“ nicht werden. Sonst hetzen wir nur noch Aufgaben hinterher – was es für uns persönlich auf Dauer anstrengend bis ungesund macht. Von der mangelnden Qualität der Ergebnisse bis hin zu unnötigen Nachbesserungen ganz zu schweigen – was das Ganze auch wirtschaftlich infrage stellt. Aber was tun, wenn ein Kunde grundsätzlich auf die rascheste Erledigung drängt?

Wie wäre es, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen? Wenn wir mehr kommunizieren? Mehr auf Augenhöhe und weniger in Rangordnungen denken und handeln? Unabhängig davon, in welcher Rolle wir uns gerade befinden: Anbieter oder Kunde, Händler oder Konsument, Dienstleister oder Klient – sorgsam miteinander umzugehen, ist Teil des Erfolgs und Geheimnis der Kundenbegeisterung. Genau dabei helfen uns, auch wenn wir es eilig haben, weil wir von unterwegs unsere E-Mails schreiben, beantworten oder weiterleiten, auch noch so wohlklingende Abkürzungen nicht wirklich weiter!

ASAP: keine Lösung auf Dauer!

In einigen Unternehmen haben sich die englischen Abkürzungen in E-Mails durchgesetzt, in anderen sind sie verpönt. Aber kaum jemand, der nicht schon einmal ein Dokument weitergeleitet hat mit dem Vermerk FYI (= For your information). Andere wie BTW (= By the way) oder ATTN (= Attention). ASAP hingegen spiegelt in manchen Bereichen eine Kultur wider, die es lohnt, infrage gestellt zu werden. Warum? Weil diese Kultur uns schadet. Weil sie Menschen zu Marionetten macht. Weil sie für Stress sorgt, Druck erzeugt, Arbeit ineffizient und uns abhängig macht. Und das, obwohl wir doch in einer Zeit leben, in der persönliche Freiheit und Selbstbestimmung eine Renaissance erleben, in der Verantwortung und Sinn als Werte in den Unternehmen großgeschrieben werden. ASAP verhindert (selbst gewählte) Prioritäten und behindert Kreativität. Wo bleibt die Chance zu Innovationen, wenn wir von allen Seiten ständig Aufgaben bekommen, die „so schnell wie möglich“ erledigt sein müssen? Sollten wir diese Mentalität also nicht jeden Tag aufs Neue überdenken? Ja, wir sollten meistens sogar aktiv dagegen vorgehen?

EOD und COB: einen Gang zurückschalten!

Klar ist es manchmal klasse, wenn wir auf eine (An-)Frage per E-Mail gleich eine Antwort bekommen. Aber wenn es so eilt, warum rufen wir unser Gegenüber nicht einfach an? Wir wollen den anderen nicht stören. Aber ist eine E-Mail nicht auch eine Störung? Und mit dem Vermerk ASAP könnte die Störung nicht größer sein, weil sofort das Gedankenrad zu kreisen beginnt. Nicht nur, dass man herausgerissen wird aus der augenblicklichen Aufgabe, man startet auch sofort mit den Überlegungen: Muss das wirklich gleich sein? Wo habe ich die Informationen zum Vorgang gespeichert? Wen muss ich evtl. schreiben, um die Frage zu lösen? Chaos pur! Im Kopf und in der Aufgabenplanung.

Tipp am Rande: ASAP ist ursprünglich keine Aufforderung, etwas sofort zu tun. Vor allem das P=Possible deutet darauf hin, dass es um den Bereich des „Möglichen“ geht. Ein kurzer Hinweis darauf, wie viel Zeit das Ganze in Anspruch nehmen wird und wann mit der Fertigstellung zu rechnen ist, ist also durchaus legitim.

Wie wäre es stattdessen mal mit dem Hinweis – wenn eine Aufgabe schon eilig ist – EOD oder COB? Dahinter verbirgt sich grundsätzlich ein ähnlicher Zeithorizont: End of day und Close of business. Das Ende des (Geschäfts-)Tages ermöglicht mehr Bewegungsfreiheit auf dem Spielfeld. Gedanklich und ganz konkret in der Tätigkeit. Der Hinweis zeigt Verständnis dafür, dass jeder zu tun hat. Die Abkürzungen geben dem anderen etwas mehr Freiraum und zeigen Vertrauen, dass der andere selbst am besten einschätzen kann, wann etwas sinnvollerweise am besten zu erledigen ist.

Maja SchneiderMaja Schneider,

Expertin für Kundenbegeisterung,

Smiling Customer.

smilingcustomer.de