apoprojekt-Bestandskompass: Rund ein Drittel der Büroflächen sanierungsbedürftig

apoprojekt und Bulwiengesa haben den apoprojekt-Bestandskompass veröffentlicht. Ziel der Studie ist es, Bestandstransformation transparenter zu machen. Untersucht wurden die sieben deutschen A-Städte.

Stephan Winn ist Architekt und Geschäftsführer von apoprojekt. Abbildung: apoprojekt
Stephan Winn ist Architekt und Geschäftsführer von apoprojekt. Abbildung: apoprojekt

Der apoprojekt-Bestandskompass basiert auf der Marktkenntnis des Bauunternehmens apoprojekt und der Datenanalyse des Beratungsunternehmens Bulwiengesa. Erstmals wurden umfassende Daten zum Zustand und zu Sanierungsaktivitäten von Bürogebäuden in den sieben deutschen A-Städten, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart, erfasst. Die Studie analysiert die aktuelle Bestandssituation und zukünftige Entwicklungen des Büromarkts in diesen Städten. Sie zeigt Sanierungsmaßnahmen bis Ende 2026 auf und beleuchtet die Notwendigkeit von Sanierungen zur Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien. Betrachtet wurden Kernsanierungen von Bürogebäuden im Zeitraum 2019 bis 2026, kleinere Renovierungen wurden nicht untersucht.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Der Büroflächenumsatz in den A-Städten ist im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zu 2019 von 1,7 Millionen m2 auf rund 1,1 Millionen m2 gefallen. In der Einzelbetrachtung wurden in Düsseldorf mit 50 Prozent und in Köln mit 65 Prozent die höchsten Rückgänge verzeichnet. Durch die Zurückhaltung auf der Nachfrageseite und relativ hohe Fertigstellungszahlen nimmt das Angebot an Büroflächen insgesamt zu. Im ungewichteten Durchschnitt liegt die Leerstandsquote in den A-Märkten derzeit bei 6,3 Prozent. 2019 waren es noch 3,6 Prozent. „Der weiterhin hohen Nachfrage nach modernen und energieeffizienten Büroflächen in zentralen Lagen der A-Städte können wir nur durch die Ertüchtigung entsprechender, zukunftsfähiger Bestandsgebäude begegnen“, sagt Stephan Winn, Geschäftsführer von apoprojekt.

Mieten in Zentrum vs. Randlagen

Entsprechend koppeln sich die Spitzenmieten in den Zentren der A-Standorte aktuell von den Mietpreisentwicklungen der anderen Lagen ab. Sie steigen bzw. verbleiben trotz Krise auf einem hohen Niveau und liegen durchweg über der 30-Euro-pro-m2-Marke. Die teuersten Innenstädte sind dabei München mit 51,50 Euro/m2, gefolgt von Frankfurt/Main (46,50 Euro/m2) und Berlin (44,50 Euro/m2).

Sanierungstätigkeit nimmt zu

Bauen im Bestand bietet ein enormes Potenzial, da der deutsche Büromarkt insgesamt rund 420 Millionen m2 Nutzfläche bietet – davon entfallen auf die sieben A-Standorte etwa 84 Millionen m2. Rund ein Drittel dieser Flächen sind sanierungsbedürftig. Der apoprojekt-Bestandskompass zeigt eine deutliche Zunahme der Sanierungsaktivitäten: 2019 waren zehn Prozent aller Projektentwicklungen Sanierungen von Bestandsgebäuden, aktuell sind es rund 19 Prozent. 2025 und 2026 wird laut der Analyse jeweils ein Anteil von über 30 Prozent erwartet. Im Zeitraum von 2019 bis 2026 sollen bzw. wurden rund 2,5 Millionen m2 Bürofläche in den A-Städten saniert. Zum Vergleich: Der kleinste deutsche A-Büromarkt – Düsseldorf – umfasst derzeit einen Büroflächenbestand von etwa 7,7 Millionen m2. Dies verdeutlicht das steigende Interesse an der Erneuerung und nachhaltigen Nutzung bestehender Bürogebäude in Deutschland. Dabei sind die zentralen Lagen erste Wahl – hier werden aktuell mit 1,7 Millionen m2 (67 Prozent) die meisten Flächen saniert.

Nur eine Stadt erfüllt die Quote

Die Transformation von Bestandsgebäuden spielt eine zentrale Rolle, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Hierfür müssten jährlich mindestens zwei Prozent aller Gebäudetypen in Deutschland energetisch saniert werden. Im Bürosegment ist lediglich Berlin auf einem guten Weg und sanierte in den letzten fünf Jahren drei Prozent des Büroflächenbestands. Mit weitem Abstand folgen München und Hamburg mit rund ein Prozent. Die weiteren A-Standorte liegen sogar darunter. Schlusslicht ist Düsseldorf mit 0,2 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass der Anteil an Sanierungen in den kommenden Jahren weiter steigen wird, insbesondere in zentralen Lagen und bei eigengenutzten Gebäuden“, sagt Sven Carstensen, Vorstand bei Bulwiengesa.

A-Städte im Vergleich

Die Baualtersstrukturen der Büromärkte sind breit gefächert und erstrecken sich über viele Jahrzehnte. Es ist davon auszugehen, dass 32 Prozent der Bürofläche, die vor 2000 entstanden sind, in den kommenden Jahren einer Sanierung unterzogen werden müssen (wenn noch nicht erfolgt), um auf dem Büromarkt als nachhaltig bestehen zu können und weiterhin auf Nachfrage zu treffen. Gemessen am aktuellen Büroflächenbestand reicht die Spanne von nur 15 Prozent sanierungsbedürftiger Fläche in München bis nahezu 50 Prozent in Köln. „Rund 70 Prozent der Bürofläche in Deutschlands A-Städten ist vor 2000 entstanden und entspricht oft nicht mehr den aktuellen ökologischen und sozialen Anforderungen. Dies betrifft nicht nur Investoren, die sich an steigenden ESG-Standards messen lassen müssen, sondern auch Mieter, die vermehrt nach grünen, gesunden und für ihre Mitarbeitenden attraktiveren Arbeitsumgebungen suchen“, sagt Stephan Winn.

Saniert wird vor allem im Zentrum

Bei der Betrachtung der Sanierungen nach Lagen fällt auf, dass über zwei Drittel der Projekte (67 Prozent) im Zentrum oder zentrumsnah realisiert werden. Dahinter folgt die Peripherie mit fast 23 Prozent. Der relativ hohe Anteil in der Peripherie ist auf Objekte der öffentlichen Hand, zum Beispiel Bezirksrathäuser, und Standorte von großen Unternehmen zurückzuführen. In den Bürozentren mit einer Agglomeration von Büroobjekten außerhalb der City und des City-Randes werden nur zehn Prozent saniert. „Vor allem zwei Gründe erklären die steigende Nachfrage nach sanierten Büros im Zentrum. Zum einen erhoffen sich Unternehmen im Zuge des Fachkräftemangels mit attraktiven Flächen an urbanen Standorten, besser qualifizierte Mitarbeitende gewinnen zu können bzw. diese zu halten. Zum anderen ist der deutlich reduzierte CO2-Footprint von Bestandstransformationen attraktiver für Unternehmen und deren Nachhaltigkeitsziele“, so Stephan Winn.

Auswirkung auf das Mietniveau

Trotz des wachsenden Interesses an Sanierungen stehen diese oft im Spannungsfeld zwischen hohen Kosten und der Notwendigkeit eines angemessenen Mietniveaus. Beim Vergleich der Mietpreise in Sanierungsobjekten mit den Angebotsmieten von unsanierten Büroflächen im Umfeld des jeweiligen Objektes zeigt sich, dass sanierte Objekte in der Regel ein deutlich höheres Mietpreisniveau aufweisen. So wurden bei einer Anmietung in München ein 125 Prozent höheres Mietniveau als bei unsanierten Flächen im Umfeld erzielt, in Frankfurt/Main ein 115 Prozent höheres. Auch ein Vergleich der Mietniveaus vor und nach Sanierung zeigt, dass Aufschläge von mindestens 20 Prozent und bis zu 300 Prozent üblich sind. Im Mittel verdoppelt sich der gezahlte Mietpreis. Die Steigerung hängt auch hier von der Lage des Gebäudes, den ursprünglichen Qualitäten sowie der spezifischen Mietvertragskonstellation ab. Insgesamt zeigt sich, dass eine Sanierung durchschnittlich zu einer Verdopplung des Mietpreises im Objekt führt.