Voll auf Verkauf #11/13

Im elf­ten Teil sei­ner Ko­lum­ne er­läu­tert Oli­ver Schu­ma­cher, warum der Beruf des Ver­käu­fers auch in 100 Jah­ren noch exis­tie­ren wird. Au­ßer­dem be­schreibt er die Vor­tei­le, die durch KI für Ver­käu­fer ent­ste­hen kön­nen.

  • Das gewünschte Ende jedes Verkaufsgesprächs: der Vertragsabschluss. Abbildung: Pexels
    Das ge­wünsch­te Ende jedes Ver­kaufs­ge­sprächs: der Ver­trags­ab­schluss. Ab­bil­dung: Pe­xels

    Der Ver­käu­fer ist tot – es lebe der Ver­käu­fer. Wirk­lich? In Zei­ten, wo al­ler­or­ten das Ho­he­lied auf die Künst­li­che In­tel­li­genz an­ge­stimmt wird, scheint dies eine ge­wag­te Be­haup­tung zu sein. Doch im Vor­griff auf vor uns lie­gen­de Ent­wick­lun­gen, wage ich zu be­haup­ten, dass es auch in Zu­kunft kei­nen Ver­kauf ohne Ver­käu­fer geben wird. Kommt es also doch nicht zu dem be­fürch­te­ten Kampf Ma­schi­nen kon­tra Men­schen? Dabei ist der ja längst im Gange. Aber ich möch­te das nicht Kampf nen­nen. Eher ein Ver­drän­gen. Und so wie die Me­cha­nik nach und nach mensch­li­che Kör­per­kraft er­setzt hat, über­nimmt nun KI mensch­li­che Geis­tes­ar­beit. Zu­nächst ein­mal sehe ich das als Ge­winn. KI nimmt uns stan­dar­di­sier­te Ar­bei­ten ab, be­freit uns von see­len­lo­ser Rou­ti­ne. Und die­sen Fort­schritt soll­ten wir wirk­lich un­ein­ge­schränkt an­neh­men. Es liegt al­ler­dings an jedem Ein­zel­nen selbst, ob wir uns im Zuge der ra­sant fort­schrei­ten­den Di­gi­ta­li­sie­rung und Trans­for­ma­ti­on mehr als Ge­stal­ter die­ser Pro­zes­se oder nur als Ge­trie­be­ne füh­len.

    Raum für mehr Mensch­lich­keit

    Trotz aller ge­gen­tei­li­gen Be­haup­tun­gen macht die KI auch Platz für den Men­schen, schafft Raum für die Mensch­lich­keit, ohne die wir ge­ra­de in so sen­si­blen Be­rei­chen wie dem Ver­kauf nicht aus­kom­men. Auch künf­tig wer­den Ver­käu­fer per­sön­lich vor Ort sein müs­sen. Und sei es nur, um vom Kun­den eine Un­ter­schrift ein­zu­ho­len, dass unter Be­ach­tung der DSGVO auch wei­ter­hin E-Mails ge­schickt wer­den dür­fen. Der per­sön­li­che Au­gen­kon­takt, ein Lä­cheln oder der mensch­li­che Hän­de­druck sind es, die sol­chen Ver­wal­tungs­un­ge­tü­men ihre Schre­cken neh­men. Das kann kein On­line-For­mu­lar und auch kein Sprach­com­pu­ter.

    Fin­ger­spit­zen­ge­fühl und Ein­füh­lungs­ver­mö­gen

    Der Ver­käu­fer der Zu­kunft muss weder den tech­ni­schen Fort­schritt auf­hal­ten noch er­set­zen. Aber er kann be­ein­flus­sen, wie sein Ge­gen­über damit um­geht. Legt die­ser auch wei­ter­hin Wert auf den per­sön­li­chen Kon­takt, wird er ihn pfle­gen, um die Ge­schäf­te am Lau­fen zu hal­ten. Setzt der Kunde stär­ker auf die Au­to­ma­ti­sie­rung, kann der Ver­käu­fer im Ide­al­fall durch gute Tipps auch diese Form der Ge­schäfts­be­zie­hun­gen noch un­ter­stüt­zen. Fin­ger­spit­zen­ge­fühl und Ein­füh­lungs­ver­mö­gen sind Ei­gen­schaf­ten, die im Ver­kauf immer wich­ti­ger wer­den. Das schnel­le und ex­ak­te Kal­ku­lie­ren darf ge­trost über die Ma­schi­ne lau­fen. Doch noch immer kau­fen Men­schen von Men­schen.

    Kom­ple­xi­tät und ein­fa­che Lö­sun­gen

    Dabei öff­net sich eine Sche­re. Auf der einen Seite eine immer wei­ter stei­gen­de Kom­ple­xi­tät der Pro­zes­se und auf der an­de­ren Seite die Suche nach ein­fa­chen Lö­sun­gen, aber auch nach An­er­ken­nung, Ver­stan­den wer­den, Wir-Ge­fühl und Sym­pa­thie. Genau das aber kann nur über einen per­sön­li­chen Kon­takt ent­ste­hen. Soft­ware­um­stel­lun­gen und an­de­re Neue­run­gen zur Au­to­ma­ti­sie­rung, wie bei­spiels­wei­se Chat­bots, wer­den nicht nur Ver­bes­se­run­gen mit sich brin­gen, son­dern zu­nächst ein­mal auch Feh­ler. Um diese zu be­he­ben, wün­schen sich be­trof­fe­ne Kun­den kei­nen Sprach­com­pu­ter in der Hot­line, son­dern greif­ba­re Men­schen. Der mit der Ma­te­rie be­reits ver­trau­te Ver­käu­fer ist hier ge­fragt und ge­schätzt.

    Flucht in vir­tu­el­le Wel­ten

    Auch das Phä­no­men, dass Men­schen zu­neh­mend ent­see­len will ich in meine Be­trach­tun­gen ein­be­zie­hen. Durch den man­geln­den Um­gang mit an­de­ren Men­schen und den Schwie­rig­kei­ten, mit­ein­an­der um­zu­ge­hen, su­chen viele (oft un­be­wusst) Zu­flucht in vir­tu­el­len Wel­ten. Denn dort wer­den sie (zu­nächst ein­mal) so an­ge­nom­men wie sie sind. Aber im Um­kehr­schluss heißt das: Ge­ra­de bei hoher Di­gi­ta­li­sie­rung be­darf es eines hohen Gra­des an mensch­li­cher Kom­pe­tenz. Es gibt – bran­chen- und grö­ßen­ab­hän­gig – eben nicht nur aus­zu­fül­len­de Be­stell­mas­ken am Bild­schirm, son­dern auch noch Ge­schäf­te, wo Men­schen ver­han­deln und ein Auf­trag per Hand­schlag und per­sön­li­cher Un­ter­schrift, statt di­gi­ta­ler Si­gna­tur er­teilt wird. Ganz zu schwei­gen von der Neu­kun­den­ak­qui­se, die durch Me­di­en aller Art zwar immer stär­ker un­ter­stützt wird, die­sen aber kei­nes­wegs voll­stän­dig über­las­sen wer­den kann. Gut ge­rüs­tet sind Ver­käu­fer, die diese Her­aus­for­de­run­gen täg­lich an­neh­men und sich in dem ge­än­der­ten Sze­na­rio si­cher be­we­gen kön­nen. Wer sich mit dem Neuen be­schäf­tigt und aus­ein­an­der­setzt, braucht keine Angst vor der Zu­kunft zu haben!

    Ab­bil­dung: Oli­ver Schu­ma­cher

    Oli­ver Schu­ma­cher,

    Ver­kaufs­trai­ner, Red­ner, Autor.

    oli­ver-schu­ma­cher.de