Der Verkaufstrainer Oliver Schumacher verfügt über langjährige Erfahrung im Vertrieb und Verkauf. In seiner OFFICE-DEALZZ-Kolumne erklärt er die Grundlagen erfolgreichen Verkaufens. Im neunten Teil wird ein zentraler Aspekt des Verkaufens thematisiert, der oft nicht beachtet wird.

Viele Innendienstverkäufer und Büromitarbeitende haben ein klares Ziel: Kunden beraten, Aufträge sichern, Umsatz steigern. Doch genau das gelingt oft nicht so gut, wie es eigentlich möglich wäre – und das nicht, weil das Angebot schlecht wäre, sondern weil ein entscheidender Denkfehler gemacht wird. Wer an einen zentralen Punkt nicht denkt, verspielt regelmäßig Verkaufschancen. Was ist damit gemeint?
Die psychologische Situation des Kunden
Viele Mitarbeitende im Innendienst konzentrieren sich voll auf die fachliche Seite des Verkaufs: Preise, Lieferzeiten, Varianten, technische Spezifikationen. Klar ist, das muss alles stimmen. Doch: Menschen kaufen nicht nur rational. Sie entscheiden sich auch emotional. Besonders dann, wenn sie vergleichen, zögern oder verunsichert sind.
Fragen wie:
- Wie fühlt sich mein Gegenüber eigentlich gerade?
- Was braucht er – neben einem guten Angebot –, um sich sicher zu entscheiden?
- Habe ich gerade eher einen Zahlenmensch vor mir oder jemanden, der mehr auf Vertrauen und Bauchgefühl setzt?
… werden im Alltagsstress selten gestellt. Und genau das ist der Punkt: Wer ausschließlich auf Daten und Fakten setzt, verliert gerade die Kunden, die sich nicht sicher genug fühlen.
Vertrauen schlägt Fachlichkeit – zumindest initial
Verkaufen bedeutet heute nicht mehr, einfach nur Produktwissen mechanisch aufzusagen. Der Kunde hat in der Regel bereits gegoogelt, verglichen, bewertet. Was er braucht, ist Entscheidungssicherheit.
Und diese entsteht oft durch scheinbar „weiche Faktoren“:
- Wie souverän und klar tritt der Ansprechpartner auf?
- Wie strukturiert ist der Prozess – oder wirkt alles improvisiert?
- Wie engagiert und echt kommuniziert das Gegenüber?
Ein Beispiel aus der Praxis: Zwei Anbieter machen nahezu dasselbe Angebot. Der eine schreibt: „Gern senden wir Ihnen unser Angebot zu. Melden Sie sich bei Fragen.“ Der andere ruft kurz an, sagt: „Ich habe Ihnen gerade das Angebot geschickt. Darf ich Ihnen die wichtigsten Punkte in drei Minuten einordnen, damit Sie direkt den Überblick haben?“ Wer wirkt professioneller?
Denkfehler: „Ich bin ja nur im Innendienst. Der Außendienst kümmert sich um das Verkaufen.“
Diese Haltung ist verbreitet – aber gefährlich. Denn viele Kaufentscheidungen fallen nicht beim Termin vor Ort, sondern im Dialog mit dem Büro. Der Außendienst kann vielleicht Türen öffnen, aber der Innendienst hält sie offen. Wer denkt, dass das „richtige Verkaufen“ nur draußen passiert, unterschätzt seinen eigenen Einfluss massiv. Wer mehr verkaufen will, muss die psychologischen Nebenwirkungen mitdenken.
Verkäufer aus dem Innendienst sollten sich regelmäßig fragen:
- Kommuniziere ich nur korrekt oder auch überzeugend?
- Löst meine E-Mail aus, dass der Kunde sich verstanden fühlt?
- Baue ich Sicherheit auf oder lasse ich Interpretationsspielraum?
Typische Aussagen wie „Das müsste eigentlich funktionieren“ oder „Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann …“ schaffen keine Sicherheit, sondern Zweifel. Und Zweifel verkaufen nicht.
Konkrete Stellschrauben, die oft übersehen werden:
- E-Mail-Ton und -Struktur: kurz, konkret, mit klarem „nächsten Schritt“.
- Telefonate: nicht nur durchhangeln, sondern Gespräch führen – mit Haltung.
- Reaktionszeiten: schnelle Reaktion = hohes Interesse. Langsame Antwort = Kunde ist nicht wichtig (so kommt es zumindest rüber).
- Rückfragen nutzen: Jede Rückfrage des Kunden ist eine Einladung, Vertrauen aufzubauen. Wer hier schnell & oberflächlich antwortet, vergibt Chancen.
Wer nur an Inhalte denkt, verkauft zu wenig. Wer hingegen zusätzlich an Wirkung, Wahrnehmung und Entscheidungslogik denkt – verkauft mehr. Ganz gleich, ob im Büro oder am Telefon. Denn am Ende kauft der Kunde nicht das beste Angebot – er kauft das sicherste Gefühl.
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