Ehrlichkeit verkauft #1/12

Der Verkaufstrainer Oliver Schumacher zeigt Verkäufern unter dem Motto „Ehrlichkeit verkauft“, wie sie neue Kunden gewinnen, Kaltakquise erfolgreich meistern und sich fair behaupten. Im ersten Teil seiner Kolumne geht es darum, Kunden das Warten am Telefon zu versüßen.

Verkaufstrainer Oliver Schumacher setzt auf das Motto "Ehrlichkeit im Verkauf". oliver-schumacher.de. Abbildung: Oliver Schumacher
Verkaufstrainer Oliver Schumacher setzt auf das Motto „Ehrlichkeit im Verkauf“. oliver-schumacher.de. Abbildung: Oliver Schumacher

Es liegt in der Natur der Sache, dass Kunden, wenn diese Sie oder in Ihrem Unternehmen anrufen, auch mal warten müssen. Doch die subjektive Wahrnehmung jedes Kunden und wie dieser das Warten empfindet, beeinflussen entscheidend dessen Gefühle zwischen „Toller Anbieter, gut dass ich dort Kunde bin“ bis hin zu „Hätte ich das gewusst, hätte ich mir diesen Anbieter nicht angetan.“ So manche Kunden haben den Eindruck, dass Warteschleifen erfunden worden sind, um Anbietern das Leben leichter zu machen, nicht aber das der Kunden. Doch was können Sie konkret unternehmen, um mit dem Warten nicht noch mehr Frust aufzubauen?

Wie lange muss ich warten?

Nur wenige Menschen haben etwas dagegen, wenn sie einmal warten müssen. Darum sollte es in der heutigen Zeit keine Warteschleifen mehr geben, in denen Anrufer nicht erfahren, wie lange die Wartezeit ungefähr dauern wird. Ob Sie die Zeit nun statistisch hochrechnen oder ob Sie sagen, auf welchem Platz sich aktuell der Anrufer befindet, ist zweitrangig. Selbstherrlich über die Zeit von Kunden ohne jegliche Perspektive zu verfügen, wann das Warten ein Ende hat, ist kundenfeindlich.

Drängen Sie auch Ihre Kunden aus der Leitung?

Ein Grund, warum viele Kunden voreilig auflegen, ist eine Erfahrung, die wohl schon jeder gemacht hat: Eine automatisierte Stimme sagt nach langer Wartezeit plötzlich „Leider können wir Ihren Anruf nicht entgegennehmen. Bitte rufen Sie später wieder an.“ und beendet dann die Warteschleife eiskalt. Oder man wartet länger als 30 Minuten und fragt sich, ob das gesamte System abgestürzt ist, wobei ein weiteres Ausharren völlig zwecklos erscheint.

Schalten Sie in den Profimodus

Geben Sie den Anrufern die Wahl. Sobald die Warteschleife aktiviert wird, erfolgt ein Text mit möglichen Alternativen:

  • „Drücken Sie bitte die 1, wenn Sie einen Rückruf wünschen.“
  • „Gehen Sie bitte auf unsere Webseite, dort haben wir die 100 gängigsten Fragen für Sie beantwortet.“
  • „Bleiben Sie bitte in der Leitung. Sie sind aktuell auf Platz 5.“

Damit dann auch gleich der richtige Ansprechpartner am Apparat ist, sollte nach dem Drücken der 1 noch das Anliegen des Kunden geklärt werden. Wollen Sie die Wartezeit Ihrer Kunden noch weiter versüßen, dann fragen Sie sie doch, wenn sie weiterhin warten möchten, ob und welche Musik sie hören wollen. Wägen Sie genau ab, ob Sie in Ihrer Warteschleife Werbung schalten. Denn ein Kunde, der etwas reklamieren möchte, wird andernfalls schnell denken: „Ja, mein Geld wollt ihr haben. Aber wenn ich mal etwas von euch will, dann geht keiner ran.“

Doch auch wenn ein Kunde seinen Ansprechpartner erreicht, kann es mal zu kurzen Wartezeiten kommen. Beispielsweise, weil der Angerufene sich kurz bei einem Kollegen informieren möchte. Oder weil dieser zu einem anderen Ansprechpartner weiterleitet.

„Hören Sie?!“

Wenn Sie sich wieder zurück zu Ihrem Gesprächspartner schalten, sollten Sie auf diese Frage verzichten. Warum sollte Ihr Kunde auch plötzlich sein Gehör verloren haben? Sagen Sie lieber „Danke, dass Sie kurz gewartet haben. Ich habe Folgendes herausgefunden.“

„Wie war noch mal Ihr Name?“

Jeder Mensch hat seinen Namen schon sehr häufig gesagt. Daher ist das Risiko groß, dass man bei der Aussprache vielleicht ein wenig undeutlich ist. Sollten Sie Ihr Gegenüber nicht verstehen, klären Sie bitte am Anfang des Gesprächs den Namen – und nicht erst am Ende. Denn andernfalls wirkt eine zu späte Namensklärung für den Anrufer wie ein „Ich dachte, sie versteht mein Anliegen. Und dann hat sie nicht einmal meinen Namen verstanden.“

„Ich versuche es!“

Sie wollen bitte nichts versuchen, sondern machen. Hüten Sie sich davor, Zusagen zu treffen, die Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht einhalten können. Sagen Sie im Zweifelsfall: „Herr Kunde, ich würde gerne ja sagen, nur ich kann nicht“, statt dem Kunden alsbald eine Enttäuschung zuzumuten. Wer souverän am Telefon kommunizieren und verkaufen will, sollte sich regelmäßig mit seinen Kollegen austauschen – und auch durchaus Seminare in Anspruch nehmen. Denn spätestens wenn Mitarbeitende mit Situationen konfrontiert werden, die sie massiv stressen, ist das Risiko groß, dass sie Kundentreue und -begeisterung aufs Spiel setzen.