Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl hat der Handelsverband Wohnen und Büro e.V. (HWB) die größten Parteien um deren Meinung zur Corona-Pandemie und zu geplanten Maßnahmen für den stationären Einzelhandel gebeten. Hier sind die Antworten der SPD.
HWB: Der stationäre Non-Food-Einzelhandel leidet unter der Corona-Pandemie. Welche Hoffnungen und Ausblicke wollen Sie unseren Händlern hierzu mitteilen?
SPD: (Die Antworten zu den Fragen 1 und 2 wurden zusammengefasst beantwortet): Der stationäre Einzelhandel hat unter den pandemiebedingten Schließungen stark gelitten. Uns ist bewusst, dass viele Geschäfte akut in ihrer Existenz bedroht waren und es teilweise immer noch sind. Um diese schwere Zeit zu überbrücken, haben wir zunächst umfangreiche Finanzhilfen bereitgestellt. Uns war jedoch stets bewusst, dass ohne eine klare Öffnungsperspektive der stationäre Einzelhandel keine Zukunft hat. Daher haben wir im März die Möglichkeit für kostenfreie Bürgertests geschaffen, die es Kundinnen und Kunden wieder erlaubten, Läden aufzusuchen, wenn sie ein negatives Testergebnis vorweisen konnten. Diese Maßnahmen waren erfolgreich: Es ist uns gelungen, die Inzidenzen wieder auf ein sehr niedriges Niveau zu senken und gleichzeitig Öffnungen zuzulassen. Mittlerweile ist die Inzidenz so weit gesunken, dass der Non-Food-Einzelhandel auch in der Breite und ohne Test wieder öffnen konnte. Aufgrund der Delta-Variante und der bevorstehenden kalten Jahreszeit müssen wir leider wieder mit zunehmenden Krankheitsfällen rechnen. Es ist unsere oberste Priorität, angesichts dieser Situation einen weiteren Shutdown zu verhindern. Dazu benötigen wir eine hohe Impfquote in der Bevölkerung. Auf diesem Weg haben wir schon große Fortschritte gemacht, sodass ein allgemeiner Lockdown aktuell nicht absehbar ist. Um aber sicher zu sein und endgültig zur Normalität zurückkehren zu können, müssen wir die Zahl der Impfungen noch weiter steigern. Daher werden unsere Anstrengungen jetzt darauf zielen, allen Menschen schnellstmöglich ein Impfangebot zu machen und auch die noch Zweifelnden vom Nutzen der Impfung zu überzeugen.
Der Einzelhandel ist kein Hotspot des Corona-Virus. Wie kann eine dauerhafte Öffnung der Geschäfte möglich sein, wenn wir noch länger mit dem Virus leben müssen (Stichwort: Öffnungsperspektive)?
Siehe Antwort Frage 1.
Finanzielle Hilfen sind ein Teil der Corona-Strategie der Bundesregierung. Hier gab es einige Probleme bei der Umsetzung/Antragsstellung. Was raten Sie unseren Mitgliedern, um an eine umfassende und schnelle finanzielle Hilfe zu gelangen? Wie können beispielsweise Abschlagszahlungen schneller ausgezahlt werden?
Bereits kurz nach Beginn der Pandemie wurden wirtschaftliche Hilfsinstrumente beschlossen, die Kurzarbeit massiv ausgeweitet und ein Konjunkturpaket im Umfang von 130 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, mit dem auch langfristige Impulse für eine klimafreundliche und zukunftsfähige Wirtschaft gesetzt wurden. Dadurch ist es gelungen, Unternehmen und Beschäftigung zu sichern. Der Erfolg dieser Strategie wird auch von vielen internationalen Organisationen, wie etwa dem Internationalen Wirtschaftsfonds (IWF) attestiert. Die beispiellosen Hilfsinstrumente haben – vor allem im vergangenen Jahr – auch eine völlig neue Infrastruktur für die Beantragung von Hilfen erfordert. Hier hätten wir uns eine schnellere Umsetzung durch das fachlich zuständige Bundeswirtschaftsministerium gewünscht, denn das Ziel all dieser Maßnahmen ist es ja gerade, dass nötige Hilfe schnell ankommt. Mittlerweile hat sich die Auszahlung positiv entwickelt, da sich auch die Beantragungswege eingespielt haben. Fast 50 Milliarden Euro sind mittlerweile an Unternehmen und Selbständige ausgezahlt. Diese Gelder haben wesentlich geholfen, in einer beispiellosen Situation zu stabilisieren. Die SPD will, dass die wirtschaftlichen Hilfen so lange wie nötig bereitstehen. Finanzminister Olaf Scholz hat immer betont, dass Deutschland die nötigen Mittel dafür hat. Deshalb ist es unverständlich, warum CDU/CSU bei diesen Fragen regelmäßig auf der Bremse standen.
Wenn der Non-Food-Einzelhandel noch länger geschlossen bleibt, werden auch die Innenstädte einem „Stillegungsprozess“ unterworfen. Wie können wir langfristig attraktive Innenstädte erhalten und gestalten, ohne dass viele Einzelhändler der Insolvenzgefahr ausgesetzt sind?
Die Corona-Pandemie verstärkt die Strukturveränderungen in unseren Innenstädten und Stadtteilzentren. Das betrifft den Einzelhandel, die Gastronomie und das Hotelgewerbe ebenso wie Museen, Theater, Büchereien und Kinos. Wir haben das Programm „Zukunftsfähige Innenstädte“ initiiert, das wir kürzlich auf 250 Mio. Euro aufgestockt haben. Die gemeinsam mit den Ländern getragene Städtebauförderung werden wir weiterhin absichern. Wir unterstützen die Städte dabei, Nutzungsänderungen umzusetzen, ein Zentrenmanagement aufzubauen und mit Reallaboren innovative Konzepte zu entwickeln. Ein soziales Mietrecht für Gewerbemieter ist uns dabei ebenso wichtig, um Kleingewerbe und Einzelhandel vor Verdrängung zu schützen.
Der Einzelhandel ist von Service-, Beratungsleistungen und dem Einkaufserlebnis vor Ort geprägt. Der Online-Handel kann diese Leistungen nur zum Teil bieten. Was raten Sie einem stationären Händler, wie er sich für das Jahr 2030 unternehmerisch aufstellen soll?
Stationärer und Online-Handel sind für uns keine Gegensätze. Beide Vertriebsformen können sich sinnvoll ergänzen und für die Kundinnen und Kunden durch ihre jeweiligen Stärken einen Mehrwert bieten. Der stationäre Handel bietet persönliche Kontakte und Beratung, der Online-Handel bietet mehr Flexibilität und Auswahl auch außerhalb urbaner Zentren. Wir wollen stationäre Händler stärker unterstützen, auch die Vorteile des digitalen Vertriebs zu nutzen. Dazu gehört besonders, dass wir gegen die Marktmacht der großen Handelsplattformen vorgehen wollen und stärker kleinere Plattformen fördern möchten, die regionalen Händlern mit Ladengeschäft ein zusätzliches Forum bieten. Zusätzlich wollen wir ein „Level Playing Field“ zwischen Online- und stationärem Handel schaffen. In der Vergangenheit haben Regelungslücken den Wettbewerb zugunsten der Online-Anbieter verzerrt. Dagegen sind wir bereits vorgegangen: Den Betrug mit der Umsatzsteuer auf Online-Handelsplattformen haben wir eingedämmt, eine Reform des Kartellrechts erlaubt ein schärferes Vorgehen gegen marktbeherrschende Online-Plattformen und im Rahmen der G20 hat man sich auf Betreiben von Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf eine globale Mindestbesteuerung verständigt, die das Verschieben von Gewinnen ins Ausland erschweren wird. Auf diesem Weg wollen wir weitergehen, um den stationären Handel noch weiter zu stärken: Unter anderem werden wir durchsetzen, dass Tariflöhne und Sozialstandards im Online-Handel die gleichen sind wie im stationären Handel, Regeln für Sonntagsarbeitszeit werden wir angleichen und ein soziales Mietrecht für Gewerbemieten schaffen.